Leben mit DIS/DDNOS #24: Freiheit hinter Wut versteckt – Umgang mit Täterintrojekten und inneren Beschützer*innen

„Wenn ich groß bin, werde ich so ein Arschloch wie mein Vater!“

Seit Jahrzehnten lebt dieses Innenkind mit der Wut, die sich in der Täteridentifizierung und Verachtung des/der Täter/s zugleich äußert.

Vor einigen Jahren(?) hat es gewagt, dies einmal in der Therapie zu thematisieren und als Antwort erhalten: „Aber das stimmt doch nicht, das willst du doch gar nicht!“ Das Kind wurde nicht als Innenwesen erkannt sondern die Antwort galt unserer Host-Persönlichkeit.

Wohin soll uns das bringen?

In dieser Wut, die nicht sein darf, weil sie sich nicht adäquat äußern kann und darf liegt unsere Lebenskraft begraben. Immer ist alles schaumgebremst, nicht frei.

So wie wir uns als Kind nicht wehren durften, so dürfen wir es heute nicht lernen, was daran falsch war. Ja natürlich ist unser wehren nicht in einer Art und Weise, wie es sein sollte und ja auch wie wir es wirklich können mögen. Bestimmt aber fair, sodass wir ernst genommen werden. DAS aber haben wir nie gelernt. Gelernt haben wir entweder Unterwerfung und Selbstaufgabe und alle Wut gegen uns richten oder eben wüten und toben wie es unser Vater uns vorgelebt hat.

Ein „Privileg“, das niemals für uns war. So wurde es damals gesehen. Niemals war es erlaubt aufzubegehren, niemals war es möglich uns zu verteidigen ohne dafür misshandelt zu werden. Es geht nicht darum gegen andere unfair und gewalttätig zu sein, es geht darum diese innere Wut zu befreien. Sie zu befreien aus dem Gefängnis in dem sie seit der Kindheit steckt und die einen Weg nach außen finden muss! Und weil der Weg in der Therapie nicht möglich war bisher, äußert sich diese Wut in Selbstgeißelung und Selbstbestraftung Nacht für Nacht. Schlafentzug war schon immer ein probates Mittel gegen uns. Eine gängige Folterpraktik in diktatiorischen Regimen. Nun unser Vater hatte ja als Kind ein starkes Vorbild. Das nationalsozialistische Österreich. Dort hatte er seine Aggression gelernt und vielleicht hatte auch er ein Kind in sich, das befreit gehört hätte und das hätte uns als Kind vieles erspart?

Es stimmt, wir wollten niemals anderen antun, was uns unser Vater antat. Toben und andere Leute quälen. Da ist aber ein Teil in uns, der denkt unser Vater wollte es auch nicht. Der sah, dass er sich auch schämte dafür und auch daran zerbrach. Es gibt nicht durch und durch schlechte Menschen ohne positive Anteile. Wer das behauptet macht es sich so enorm einfach und hilft den Opfern von Gewaltverbrechen nicht weiter sondern sperrt alle Gewalttaten in das Gefängnis des Wegsehens. Allerdings verstehe ich, dass es schon sehr erschrecken kann mit dieser unbändigen aufgestauten Wut konfrontiert zu werden.

Aber eine Befreiung der wütenden, tobenden Innenwesen kann nicht sofort eine Läuterung sein und ein Wissen darum, wie denn zivilisiertes sich wehren und für die eigenen Bedürfnisse einstehen funktionieren kann. Das kann nicht über intellektuelles Verstehen, dass es nicht sein soll funktionieren. Es ist vielleicht wie die Zähmung eines wilden Tieres? Ein komischer Vergleich, der uns nicht gefällt.

Vielmehr ist es der von uns oft wahrgenommene innere Druckkochtopf, der zunächst ganz viel aufgestaute Luft herauslassen muss. Das kann auch schrecken, weil es zu Beginn so ungestühm und intensiv vonstattengeht und sich erst langsam beruhigt. Dann aber, wenn die Luft draußen ist, dann ist da wirklich gutes Essen drinnen.

Auch dieses Bild scheitert und beschreibt nicht die Sehnsucht, die in uns wohnt. Es ist der Wunsch nach Freiheit. Freiheit sein zu dürfen und lernen zu dürfen, wie es ist gesehen zu werden mit allem Leid. Und erst unter dem Leid und all dem Schimmel ist da so viel Liebe.

Nach unserer letzen intensiven und durchaus konfrontativen Therapiestunde vor Weihnachten sprach ein Innenwesen: „Wird sie uns retten?“ und da war so viel Hoffnung und Wärme und Weichheit. Ändert sich das, dass die gequälten Seelen gesehen werden? Wir arbeiten daran. Bitte, darf das sein, schaffen wir das? Es ist so enorm viel und anstrengend und es braucht Mut. Den wünschen wir uns für jene, die uns begleiten wollen und für uns selbst für 2020!

Uns scheint tatsächlich, dass die Solfeggio Frequenz(en) und auch das „Om tryambakam“ Mantra einiges in uns auslösen und hervorholen, was tief im Herzen seit Jahrzehnten gärt.

Willkommen Freiheit. Bitte sei nicht bloß ein Schimmer am Horizont, komm in unser Leben. Mut für 2020, ganz viel Mut brauchen wir und Hilfe! Uns wird immer gesagt, dass wir sehr mutig sind?! Also auf ein weiteres Jahr der Heilung und zu ∑MIR selbst.

Das wünsche ich an dieser Stelle auch all meinen lieben Leserinnen und Lesern. Danke, dass ihr da seid. Danke für all den Austausch, den wir über diesen Blog in vier Jahren bereits erfahren durften. In Kommentaren, per e-Mail und mitunter auch persönlich. Danke für dieses Jahr, auf 2020, das sich zumindest für uns hoffnungsfroh ankündigt.

Möge es auch für euch viel Freude und Heilung bringen. 💕🍀🍀🍀🎋🎇🎉💖💚

7 Gedanken zu „Leben mit DIS/DDNOS #24: Freiheit hinter Wut versteckt – Umgang mit Täterintrojekten und inneren Beschützer*innen“

  1. Wenn auch aus Distanz möchte ich doch sagen: Für mich dürfen alle Wesen sein, da sein und zwar so wie sie sind. Ich selbst mag nicht mit allem umgehen können, aber wer bin ich zu beurteilen, was sein darf und was nicht? Ich weiß aber: Würde auch nur eines fehlen, die Welt wäre nicht die gleiche, ich wäre nicht wer ich bin und das kann ich mir nichteinmal vorstellen.
    Es mag Wesen geben, die eine Gefahr darstellen. Aber dann muss ich einen Weg finden, damit umzugehen. Diese Wesen einfach zu ignorieren wäre gefährlicher, da ich keinen adäquaten Umgang wüsste, sollte ich einen solchen Wesen irgendwann begegnen. Und wenn ich mich mit dieser „Gefahr“ beschäftige, erkenne ich vielleicht auch, daß sie garnicht so gefährlich ist, weil ich damit bereits umgehen kann, weil ich schon mit vielem gelernt habe umzugehen.
    Deshalb möchte ich nochmal sagen: Es gibt sie. Es gibt die Menschen und Wesen, die nicht weglaufen oder wegsehen. Sie mögen nicht in nächster Nähe sein. Aber sie sehen und sie erkennen. Sie sehen und erkennen Dich, Euch und auch alle, die sich fürchten. Aber sie sind nicht immer in unmittelbarer Nähe und sie sind selten leicht zu erkennen. Auch sie schützen sich vor unkontrollierbarer Gefahr. Aber sie sind da. Und sie bleiben da. Meist unentdeckt, aber immer in Liebe.

    Ich wünsche Euch einen guten Rutsch ins neue Jahr.
    🎉🍀💥

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  2. Das hast Du sehr schön ausgedrückt…. das über die Täter, dass sie wohl auch so einen Anteil in sich trugen, der auf „Erlösung“ wartete und keine bekam und daher sich manifestiert hat (das habe ich daraus gelesen, und das ist es auch was ich tatsächlich glaube). Auch ich hatte oder habe vielleicht immer noch so einen Anteil in mir, der wenn er zu arg unter Druck gerät, wenn er mit dem Rücken zur Wand steht – wüten will und evtl. sogar wütet (wir haben gelernt als Kind, dass die Wut in uns durchaus positive Auswirkungen hatte, das unterscheidet uns – wir fühlten uns nie vollständig hilflos gegen die Gewalt – schon damals fanden wir Mittel und Wege als Kind uns trotz allem stärker zu fühlen – als ER – obwohl er so mächtig war. Wir waren so clever und mutig damals seine Schwachpunkte zu fühlen und sie auszunutzen – natürlich waren wir natürlich als Kind trotzdem Opfer seiner Gewalt, aber wir fanden einen Weg – es nicht so wahrzunehmen). So lernten wir bis heute, dass wir – wenn wir mit dem Rücken zur Wand stehen, uns immer noch gegen Aggressoren (tatsächliche oder auch nur so wahrgenommene) wehren können und es auch im Notfall einsetzen (die starken Verteidiger, die in uns wohnen, daher kommen sie wohl). Heute haben wir es nicht mehr nötig, diesen Anteil einzusetzen, wir haben die Verantwortung, dass wir aufmerksam Situationen meiden, in dem die alten Muster wieder ins Rollen kommen.
    Entschuldige, es ist so lange geworden…. Liebe Benita, ich wünsche Dir auch ein heilungserfolgreiches 2020 und bin sicher, dass Du das auch bekommst.

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