Ich/wir können gar nicht sagen, wie sehr wir uns darauf freuen, dass sich das Land, eigentlich vor allem diese Stadt, ab Montag im Schlafmodus befinden wird. Wir versäumen nichts, brauchen keine Termine aus Überforderung abzusagen und uns schlecht fühlen, weil wir so wenig Ressourcen und Kraft für Sozialkontakte haben.
Und wenn dann auch noch die Straßen leer sind und kaum Autos fahren, beginnen wir zu feiern. Wir hoffen so sehr auf Ruhe, die wir dringend benötigen. Und noch dazu leben wir dann für (hoffentlich) kurze Zeit nicht mehr das Leben einer Außenseiterin. Endlich sind wir in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Rückzug für alle!
Wie jemand im Forum des STANDARD geschrieben hat, sind es ideale Zustände für Sozialphobiker*innen. ….. So ist es.
Wenn da nicht diese Vision gewesen wäre, dass wir bald sterben werden. Diese Eingebung war plötzlich da. Und zwar zu einer Zeit als es in Wien noch gar keine Corona Fälle gegeben hatte. …… Wir haben innerlich so darauf reagiert, dass wir gerne noch weiterleben wollen. …… Zur Risikogruppe für das Virus gehören wir jedenfalls nicht. ….. Vielleicht brauchten wir wieder einmal das bewusste Bekenntnis zu unserem Leben? …… Jetzt wollen wir die für uns hoffentlich ruhigen kommenden Wochen dafür nutzen in eben diesem Leben weiter anzukommen.
Danke Corona? Ich bin ehrlich … sauer? … betroffen? von Deiner Einstellung. Du FEIERST also. Mein Kind wird vermultich in diesem Schuljahr keine Klassenarbeiten mehr schreiben und somit werden ALLE Schüler ihre bestehende Klasse im nächsten Jahr vermultich wiederholen müssen. Mein Kind feiert nicht, während es Krafttraining zuhause nach Videoanleitung macht, um im Leistungssport nicht völlig einzurosten, bis der Verein wieder persönliche Trainings haben darf. Und während es gerne Freunde treffen will und echt leidet in der Isolation. Mein Mann arbeitet seit der Verriegelung von Wu Han Mo-Fr 8-22 Uhr und auch an Wochenenden. Die wirtschaftlichen Folgen der Maßnahmen unserer Regierung wird uns eine Rezession bescheren, die wir seit den Weltkriegen nicht mehr gesehen haben. Er feiert nicht, während er zuahuse nonstop Videokonferenzen führt, um den wirtschaftlichen Schaden zu minimieren. Ich musste mein Unternehmen schließen und darf nicht wieder öffnen – bis auf weiteres. Ich feiere nicht, während ein Virus plus mein Staat mich von meiner Existenzgrundlage abschneiden, während ich hoffe, dass das wenigstens Leben rettet und wir HINTERHER auch in der Lage sind, die Überlebenden irgendwie durchzufüttern.
Ich kann nicht ganz nachvollziehen, warum Du Dich freust, dass nun ALLE in eine Isolation gezwungen sind, für die Du Dich offenbar entschieden hast. (??) Ich anerkenne Dein Befürfnis nach Ruhe – aber die kannst Du doch auch billiger haben: Du könntest aus Wien wegziehen ins Waldviertel oder in die Steiermark in den Wald, dann müssten nicht so viele Leute ihre Arbeit verlieren, krank werden, sterben. Bedürftige Menschen – nicht Arbeitsfähige und Pensionisten – werden durch diese Krise vermutlich nicht als erste, aber am Ende am deutlichsten von allen spüren, was eine Rezession bedeutet: nämlich keine Kohle mehr, für niemanden – am wenigsten für Bedürftige.
Ich bin ehrlich entsetzt über Deine Worte. Das wird lange dauern, bis sich unsere Wirtschaft von dieser Notbremsung erholt hat. Für Sozialleistungen wird dann nicht mehr viel Geld übrig sein. Ich hoffe für uns alle, dass wir das irgendwie überstehen.
Alles Liebe wünscht Dir,
s.
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Ich habe überlegt, ob ich deinen Kommentar freigebe oder nicht.
Nun man kann etwas falsch verstehen, wenn man will und das ist hier offensichtlich geschehen.
…… Und weil ich eben in Berufsunfähigkeitspension bin kann ich es mir nicht leisten in ein anderes Bundesland zu ziehen, weil ich dort eben keine Unterstützung am Wohnungsmarkt erhalte. Und NEIN, ich wähle eben nicht, dass ich mich isoliere! Das ist Teil der Erkrankung und notwendig um zu Überleben bei all den Triggern, denen ich ausgesetzt bin, sobald ich unterwegs bin.
Und wenn die Wirtschaft zusammen bricht, dann bin ohnehin auch ich lt. deiner Analyse bei denen, die es am schlimmsten treffen wird.
Uns zu unterstellen, dass wir Kranke und Tote und eine Rezession feiern ist eine böse Unterstellung, die wir klar zurück weisen. Diese Antwort ist, weil ich Kritik generell befürworte. In diesem Tonfall von dir werde ich aber nicht weiter mit dir debattieren.
Alles Gute
„Benita“
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Hallo Benita,
ich bitte um Entschudligung für meine Formulierung, dass Du Isolation wählen würdest. Ich stimme zu: Krankheit ist keine Wahl – dennoch schreibst Du, Du freust Dich, dass es nun ALLEN so geht wie Dir. Eine Anordnung der Regierung ist auch keine Wahl. Daher verstehe ich die Freude nicht?
Niemand kann „in der Mitte der Gesellschaft ankommen“ aus seiner eigenen Isolation, indem er sich keinen einzigen Zentimeter bewegt hat. Es ist jetzt sehr offensichtlich, dass es WENIGER Hilfe gibt als bisher. Die Akutpsychiatrie, die für mich zuständig wäre, ist seit gestern geschlossen und in eine Corona-Station umgewandelt. Wer sich umbringen will, kann eine schlechte Phase dort geschützt überstehen. Normalerweise, ohne Corona. Wenn ich mich jetzt, mit Corona, dorthin wende, dann habe ich keinen Schutzraum mehr, weniger Hilfsmöglichkeiten, ich werde abgewiesen nach dem Motto: „Wer sich töten will: mach halt!“
Weniger Hilfe, weniger Möglichkeiten, Isolation und wirtschaftlicher Zusammenbruch für alle – von daher habe ich echt Probleme mit Deinen Worten „feiern“ und „freuen“. Kannst Du das nachvollziehen?
Ich denke nicht, dass ich falsch verstanden habe, was Du ausdrücken wolltest. Ich glaube viel eher, dass da ganz viel Naivität zu „feiern“ und „freuen“ führt, auch im letzten Kommentar: „WENN die Wirtschaft zusammenbricht.“ Die Wirtschaft IST seit Montag zusammengebrochen. Das ist kein Konjunktiv mehr. Nicht einmal ein Krieg hätte einen derartigen europaweiten Zusammenbruch in dieser Geschwindigkeit zur Folge gehabt. Ich kreide Dir Naivität nicht an, nur wenn man selbst näher dran ist an der Wirtschaft, am Weltgeschehen, an der Realität außerhalb der Isolation, dann ist Dein „Feiern“ und „Freuen“ bestenfalls skurril, schlimmstenfalls eine Zumutung. …und das sage ich als eine Person mit Traumafolgen, die zigmal so viel Alleinzeit „braucht“ vgl. mit „normalen Menschen.“
Ich denke, es lässt sich in ländlichen Gegenden recht gut eine günstige Wohnung finden – auch auf eigene Faust. Ich wünsche Dir das jedenfalls von Herzen, dass das gelingt, denn Ruhe ist echt total wichtig.
Mit den allerbesten Wünschen,
s.
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Hallo S.
Zunächst, es tut uns sehr leid, wenn dir die Unterstützung der Akutpsychiatrie fehlt. Dass diese umgewandelt wurde in eine Coronaklinik finde ich fahrlässig und unzumutbar für Menschen, die wie du auf diese Hilfe sogar vermehrt in dieser Krise angewiesen sind. Von Herzen wünschen wir dir ganz, ganz viel Kraft und dass sich eine Hilfe für dich auftut.
Es ist wahr, dass ich an diesem Wirtschaftssystem nicht so nahe dran bin, habe aber eine wirtschaftliche Ausbildung. Bin also nicht ganz unbedarft. Und ich sehe das Wirtschaftssystem wie es vor Corona bestand (wie du meinst) als dermaßen krank an, dass diese Krise eine Chance ist etwas daran zu ändern. Ein Zusammenbruch einer von Finanzblasen regierten Wirtschaft war schon lange zu erwarten. Allerdings gibt es durchaus Ökonomen, die die Lage noch nicht so pessimistisch einschätzen wie du es tust. Was natürlich auf die Dauer des Einbruchs ankommt. Allerdings anerkenne ich freilich deine großen Sorgen und Existenzängste. Die belasten mich weniger, weil sie mich täglich belasten. Corona oder nicht. Ich hab wenig zu verlieren.
Wir können nachvollziehen, dass es für dich in dieser Angstsituation zynisch klingen mag, wenn ich diese Worte „freuen und feiern“ schreibe. Es ist ein Ausdruck der Hoffnung, dass diese Gesellschaft wieder mehr zusammen rückt. Dass ich verstanden werde, wenn ich von meiner Isolation erzähle, statt abgelehnt. Genau weil es für niemanden eine Wahl ist sich aktuell zurück zu ziehen, ebenso wie es für uns keine Wahl ist und nie war, sehen wir die Hoffnung, dass sich ein Verständnis für Menschen wie mich entwickeln könnte. Danach. Und natürlich wünsche ich ebenso wie alle, dass das danach bald kommt. Dennoch sehe ich in der Situation auch ganz viele Chancen und zwar nicht nur für mich. Es ist für viele eine Möglichkeit auch einmal Zeit für sich zu haben. Und ja, das kann sich auch sehr bedrohlich anfühlen.
In diesem Beitrag von uns steckt sehr viel Verzweiflung dahinter, wie diese Gesellschaft läuft bzw. gelaufen ist. Mit dieser Härte und Kälte. In der Hoffnung auf eine bessere, bewusstere, bescheidenere, dankbarere Gesellschaft nach dieser Krise finde ich die von dir inkriminierten Worte zwar provokant, aber dadurch auch in Ordnung. Wäre es sonst zu diesem Austausch gekommen mit dir? Danke dir dafür.
Übrigens ich arbeite an einer besseren Wohnsituation für mich. In den anderen Bundesländern bin ich noch nicht fündig geworden, weil ich dann ein Auto bräuchte, was die Fixkosten in eine mir unerschwingliche Höhe treibt. Abgesehen davon, dass ich mir auch die Anschaffung nicht leisten könnte. Ich suche seit gut 15 Jahren nach einer Möglichkeit dieser lauten Wohnung zu entkommen.
Dir und deinen Lieben das Beste.
„Benita“
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Hallo, ich brauche derzeit keine Akutpsychiatrie. 🙂 Es geht mir ziemlich gut. Ich hoffe, das bleibt so. 🙂 Ich finde es einen schönen Gedanken, dass die Menschen durch Corona näher zusammenrücken – trotz social distancing 😉 – glauben tu ich es nicht. Häusliche Gewalt ist ein so großes Problem, dass in den Nachrichten gestern berichtet wurde, wie man damit umgehen will: nämlich z.B. die Schulen in den Osterferien geöffnet lassen, wo sie von freiwilligen Lehrern betreut werden, damit die Kinder nicht den ganzen Tag bei ihren gewalttätigen Eltern sein müssen.
Meine Freundin hat sich einen eRoller gekauft statt dem Auto. Das klappt gut für sie und ist viel günstiger als ein Auto. 15 Jahre Suche – Mann, das ist echt brutal lang… voll traurig… alles Liebe s.
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Hallo s.,
Schön, dass es dir gut geht derzeit. Danke für deine lieben Worte. 😊
Ja, häusliche Gewalt ist zu allen Zeiten ein Thema, wie wir alle wissen. In dieser Situation umso mehr. Und das Budget für Frauenberatungen, das in der türkis-blauen Regierung stark gekürzt wurde, wurde aufgestockt. Das ist sehr, sehr wichtig, weil dort sonst nicht ausreichend geholfen werden könnte.
Dass die Schulen in den Osterferien offen bleiben hab ich anders verstanden. Das ist doch für jene Eltern, die in systemrelevanten Bereichen arbeiten müssen. Krankenhaus, Polizei, Supermarkt etc.
Wenn Kinder aus gewalttätigen Erziehungskontexten dort Unterschlupf finden, wäre das wundervoll. Leider glaube ich halt nicht, dass gewalttätige Eltern ihren Kindern diesen Freiraum ermöglichen. Die müssten sie ja in der Schule für Betreuung anmelden. 🤔
Aber auch der „Rat auf Draht“ Notruf für Kinder wurde verstärkt und das ist enorm wichtig. Da sind wir ganz bei dir, dass das Thema Gewalt sehr besorgniserregend ist.
Haben auch überlegt einen Roller zu besorgen. Ist in der Stadt eine gute Möglichkeit um Öffis derzeit nicht zu benutzen und Spaß macht es auch. 😀
Alles Liebe
„Benita“
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Liebe Benita, wieder ein wunderbar wahrhaftiger Beitrag und ja, mir gehts genauso! Wie schön es ist, dass sich ein freier Raum auftut und mir bewusst wird, wie viel ich tue, weil ich denke, dass es dazu gehört! Herzlichen Danke Beatrix Dr. Beatrix Teichmann-Wirth Personzentrierte Psychotherapie Paletzgasse 22-24/30 A-1160 Wien Tel. 0043676 612 24 07
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Liebe Beatrix,
herzlichen Dank für deine lieben Worte. 🙏😊 Ich frage mich, ob es nicht ganz vielen so ergeht, nicht nein sagen zu können, weil die Angst besteht, diese Sozialkontakte sonst zu verlieren. Dass die dann nichts mehr mit uns zu tun haben wollen. …… Es fehlt an echter, ehrlicher und reflektierter Kommunikation in vielen Bereichen, aber leider auch oft an Empathie. ….. Wir denken dass diese Kombination den inneren Druck erzeugt ein Leben zu leben, das zu oft über unsere Grenzen geht.
Alles Liebe und Gute 🍀🍀🍀
„Benita“
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