Das Schwierigste an unserem aktuellen Leben sind Vergleiche. Vergleiche innerhalb, die immer zu unseren Lasten ausfallen, weil diese unsere Fähigkeiten und außergewöhnlichen Belastungen ausklammern.
So vergleichen wir das Leben derer um uns herum, die alle bereits weitgehend eingerichtet sind, mit unserem Wohnungschaos und sind deprimiert. Mehr noch Innenwesen machen uns herunter, dass wir unfähig wären, weil wir das noch nicht geschafft haben, weil wir doch viel zu wenig tun.
Dabei irren solche Vergleiche immer und so auch in unserem Fall. Die ausführliche Hilfe, die unsere Nachbar:innen von ihren Familien bekommen fallen bei uns weg. Auch hatten wir 2 Monate mit Baumängeln zu kämpfen und haben diese bis auf eine Kleinigkeit erledigt, was in Nachbarwohnungen nicht der Fall war und ist.
Und last but not least, ignorieren wir unsere Gewaltfolgen, die andere nicht betreffen, oder zumindest nicht in diesem Ausmaß. Natürlich haben andere auch ihre Geschichte mit guten und schlechten Aspekten. Tatsächlich hat uns eine liebe Nachbarin von einer sehr schlimmen Erfahrung in einer Beziehung erzählt, die sie zum vollständigen Zusammenbruch führte. Und dennoch ist sie sich bewusst, dass das kein Trauma war, im Sinne von nachhaltig und mit allen Folgen, wie Flashbacks, schwere physische Belastungen, wie massive Schlafstörungen, Verdauungsstörungen, und auch nicht in dem Ausmaß mit den psychischen Folgen einer PTBS, wie Trigger, oben genannte Flashbacks, depressive Symptome, Selbstverletzungstendenzen, Suchttendenzen, Suizid Gedanken etc.
Die anderen wissen es, aber in unserem Selbstverständnis, sehen wir andere immer als ebenfalls schwer traumatisiert, weil wir keine Vorstellung haben von einem anderen Leben, das leichter wäre. Wir beobachten es, sind verwundert, was Menschen alles schaffen können an einem Tag und sehen nicht, dass sie mit einer leichten bis mittelschweren Handtasche, vielleicht auch mit einem Reisekoffer als Gepäck durchs Leben gehen und verleugnen unseren Rucksack voll Steine am Rücken und die zusätzlichen Taschen in den Armen, die wir tragen.
Vielleicht ignorieren wir aktuell unsere Geschichte, weil sie rundherum ignoriert wird? Gegenüber all den Handwerkern mit denen wir seit Monaten zu tun haben ohnedies, weil wir in diesen Kontakten funktionieren müssen, was uns außerordentlich fordert bzw. überfordert. Unsere Nachbar:innen finden, dass wir hier so viel strukturierter sind als sie und sie von uns lernen können. Warum sind Situationen, die wir sehr gut meistern für uns selbstverständlich und wo wir uns schwer tun Grund zur Selbstgeißelung?
Auch von den netten Nachbar:innen, werden unsere Traumata nicht thematisiert. Tut das weh und verletzt, oder ist es heilsam, keinen Sonderstatus zu haben und dauernd um unser Wohlbefinden gefragt zu werden? Wir wissen es nicht. Möglicherweise beides zugleich? Vielleicht akzeptieren uns diejenigen, die uns näher stehen mehr in unserem Wesen und mit unseren Belastungen, als wir es selbst tun? Und weil wir okay sind, wie wir sind und was wir tun, braucht es auch nicht tägliche Erklärungen dazu. So wichtig sind wir nicht, weil alle auch mit ihrem eigenen Leben beschäftigt sind. Das tut wieder weh, dass wir niemandem wirklich wichtig sind. Man mag uns, aber wichtig sind wir nicht. Oder sind wir wichtiger, als wir denken? Zumindest sind wir eingebunden in eine mittelgroße Gruppe und stehen nicht ganz außerhalb. Das ist für uns sehr viel.
Dass wir einander wichtig werden, braucht es auch Zeit, einander besser kennen zu lernen und Vertrauen aufzubauen. Von allen Seiten.
„Oder sind wir wichtiger, als wir denken?“
Das denke ich jedenfalls auf jeden Fall. Das gemeine ist, dass wird Euch niemand direkt sagen – wahrscheinlich nichtmal sagen können. Es ist bei uns leider nicht üblich. Aber Ihr seid ein Teil dieser Gruppe – und schon alleine deshalb seid Ihr wichtig.
👍🍀🤗
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Vielen herzlichen Dank, lieber Ankordanz für deine lieben Worte. Über andere würden wir genau das sagen, es tut gut zu lesen, dass dies ebenso für uns zutrifft. 💜🙏🌻
Herzliche Grüße
„Benita“
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🍀💚🤗
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Liebe Benita Wiese,
dass wir anderen wichtig sind, ist ein berechtigtes Bedürfnis. Das geht auch mir so. Allerdings wird dieser Wunsch ganz oft nicht erfüllt. Ich glaube auch, dass es dazu einer gewissen Zeit des Annäherns bedarf. Deshalb finde ich manche “Internetkontakte” ziemlich oberflächlich. Vieles erlebe ich da als unverbindlich. Was uns aber gegenseitig stützt und nährt, ist Verbindlichkeit und den / die anderen wichtig zu nehmen.
In Eurer neuen Umgebung gibt es noch nicht so lange die Erfahrung einer gewissen Gemeinsamkeit, für alle nicht. Aber viele scheinen doch eine Offenheit zu haben, solche Gemeinsamkeiten wachsen zu lassen. Da wünsche ich Euch trotz allen “Lebensgepäcks”, das Ihr zweifellos mit Euch tragt (mehr als andere!), gute Ansätze findet!
Was Ihr über das wochenlange Wohnungschaos schreibt, kommt mir sehr bekannt vor. Ich bewundere manchmal andere, wenn ich ihre vorbildlich aufgeräumten Wohnungen sehe. Bei mir gibt es durchaus chaotische Ecken, die auch nach meinen Maßstäben anders werden sollten … Willkommen im Chaosclub!
Ich danke Euch, dass Ihr so offen darüber berichten könnt! Und wünsche Euch nach und nach ein gutes Hineinwachsen in Eure Hausgemeinschaft und Schritt für Schritt das Durchsortieren Eurer neuen Wohnung! Lasst Euch die nötige Zeit dazu!
Alles Gute und herzlichen Gruß, Michael
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Lieber Michael,
vielen Dank für die lieben Worte. Freilich stimmt es, dass das Kennenlernen Zeit braucht und es ein Prozess ist, miteinander vertraut zu werden.
Vielen herzlichen Dank für deine lieben Wünsche.
Alles Liebe
„Benita“
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Sehr gerne, liebe Benita! Euch einen herzlichen Gruß, Michael
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