Leben mit DIS #48: Trigger- und Fashbackflut

Es war für uns unvorstellbar, ja nicht einmal annähernd absehbar, wie sehr uns der Kauf von Möbeln für die neue Wohnung herausfordert. Nicht alleine, weil wir das alles zu massiv gestiegen Preisen machen müssen, die Entscheidung schwer fiel, oder die Planung von Küche anstrengend ist? Das sind nur lächerliche Kleinigkeiten im Vergleich zur wirklichen Herausforderung: Die Überschwemmung mit Triggern und Flashbacks auf unterschiedlichsten Bereichen nahezu zeitgleich ohne ausreichend Zeit zu haben, diese einzuordnen oder sie bewusst zu machen.

Leben mit DIS #48: Trigger- und Fashbackflut weiterlesen

Geteilt, scheinbar off topic: Der Volksgansler

Nachdem es kaum möglich ist, in einer zunehmend von Hass und gewalttätigen Gedanken geprägten Gesellschaft von erlittener Gewalt in der Kindheit zu genesen, teilen wir sehr gerne diesen Beitrag zu einer politischen Figur, von der wir tatsächlich dachten, sie wäre so abstoßend, dass sich die Bevölkerung abwenden wird. Stattdessen feiert die FPÖ unerträgliche Wahlerfolge unter deren Partei Obmann Kickl.

Es wird also innenpolitisch. Wir danken alfredwassermair für das Zusammentragen und formulieren, dieser wichtigen Fakten. https://alfredwassermair.wordpress.com/

In Oberösterreich gibt es den Dialektbegriff aufgansln. Substantiv: Aufgansler. Das bedeutet so viel wie jemanden anstacheln, aufhetzten oder in Erregung versetzen.  Wer die Berichte vom FPÖ-Bierzelt am Urfahraner Markt gesehen hat, weiß schon, worauf ich hinaus will. Dort wird ordentlich aufgansld oder landestypischer: afgansld.                                                                                                                                      Da spricht Herbert Kickl, der Volkskanzler in spe. Er selber […]

Der Volksgansler

„Das Leben ist schön.“ …. Ist es das?

Gestern legte uns unsere Therapeutin diesen Satz in den Mund. Sie versuchte es zumindest und seither rotiert er in unserem Kopf. Er ist eine Lüge, zumindest für uns. Das Leben hat endlich schöne Momente und mit Glück und viel Arbeit werden es mehr, aber es ist nicht schön und wir haben keine Ahnung, wie man das denken kann.

Für eine solche Aussage fehlt es an so enorm viel Gerechtigkeit in dieser Welt. Lebensziel kann sein, das Leben schöner zu machen.

Gut, wir versuchen diese Aussage zu verstehen und formulieren das Zitat um: „Mein Leben ist schön.“  Darf es das denn und was würde es bedeuten?

Schreibpause …..

Stunden, Tränen, Kopfschmerzen und Selbstverletzung später taucht aus den Tiefen der Erinnerung der Beginn der gestrigen Therapiestunde auf, wo wir erzählten, wie schwierig es für uns ist, uns über die bestellten Möbel zu freuen, weil wir als Kind z.B. keine neuen Möbel in unserem Zimmer bekommen haben. Wir hatten unsere Schulbücher in einem alten, kaputten Kühlschrank, als Schreibtisch einen alten, hässlichen Schreibtisch und unser Bett fiel alle paar Monate auseinander, was wir nicht zu beklagen wagten. Unser Bruder hingegen hatte neue Möbel bekommen. Dann erzählten wir, wie uns unsere Mutter unser Erspartes gestohlen hatte, und wir haben fast alles gespart gehabt. Plötzlich war das Sparbuch leer. Alles abgehoben, ohne uns zu fragen. 20.000,- Schilling weg. Das war 1982 ganz schön viel Geld. Es ist immer diese Wertlosigkeit, die uns vermittelt wurde, und die steckt tief in uns. Folge noch immer im Heute ist die stete Verwunderung, wenn jemand nett zu uns ist. Oder die enorme Anstrengung, diese Wohnung einzurichten, weil wir es uns selbst nicht leicht erlauben können. Nein, nicht nur schlimme Erfahrungen im Alltag triggern, auch gute Erfahrungen tun zu oft sehr, sehr weh.

Wir erzählten davon und es kamen die Tränen und die Therapeutin fragte, wo denn die Wut sei. Wir fühlten sie nicht, immer nur Erschütterung. Allerdings war damals Wut da und wir meinten, dass die Wut vielleicht weniger wurde, weil wir den Kontakt abgebrochen haben und wir wissen, dass das den Eltern nicht egal war. Und heute ist die Mutter eine alte, hilflose Frau.

Warum erzählen wir hier diese Details, weil wir nicht verstehen, wie es dann zum Schluss der Stunde zur Aussage: „Das Leben ist schön!“ kommen kann? Wie kann das suggeriert werden, wenn ca. 1h davor so viel Schmerz da war, den wir doch „nur“ abgespalten hatten, weil wir ein wichtiges Therapieprogramm hatten. Das hat viel Kraft gekostet, wurde halt nicht registriert und dadurch nicht wertgeschätzt.

Und wieder einen Tag verloren. Das ist nicht schön. Tun wir uns nur leid? Wann gehen die Schmerzen weg? Dann vielleicht wäre das Leben schön! Bis dahin stemmen wir uns gegen diese inneren Abwertungen und Schmerzen und tun alles, dass das einmal gelingen möge.

Leben mit DIS #44: Auszug aus einer Wohnung der Verzweiflung

Wir räumen auf und packen ein, und finden Unmengen an Botschaften über unser Leben in diesen 20 Jahren in dieser Wohnung. Botschaften der Reflexion und Botschaften der Verzweiflung.

Wir finden auch Archive von Zeitschriften, die in 49 m² niemals Platz hatten und die Wohnung damit auch zum Teil zu müllten.

Sie erinnern an die Zeit, als wir entdeckten, dass wir unser Leben zum Großteil vergessen hatten und zeugen von der Angst davor, dass es in Zukunft auch so sein wird. Wir wollten von diesem Zeitpunkt an einfach alles aufheben, um uns zu erinnern. Als Anker für das allzu flüchtige, weil schwer traumatisierte Gedächtnis.

Sie erinnern aber auch an eine Zeit, wo eine Zeitschrift zu kaufen einfach ein Luxusgut für uns war. Und Luxusgüter wirft man nicht weg. Würden Leute mit viel Geld ihren Schmuck wegwerfen? Es ist für uns vergleichbar damit.

Das leben in Armut oder die permanente Bedrohung dadurch sind allgegenwärtig in dieser Wohnung. Auch Kleidung, die oft schon verschlissen ist, wird aufgehoben und daheim noch getragen. Uns sieht eh niemand. Es kommt auch niemand auf Besuch und das war in den letzten Jahren auch gut so. Es war unmöglich jemanden in diese Wohnung zu lassen.

Das wird sich ändern und hat sich zum Teil schon geändert.

Doch hier beim Packen fließen Tränen. Tränen über die fehlende Hilfe in all den Jahren, das Chaos nicht erst jetzt zu bereinigen, wo wir ausziehen und überfordert sind. Tränen, dass es so war. Tränen, dass wir in diesen Umständen gelebt haben.

Ja, der Anschein den wir nach außen geben passt nicht zu dieser Wohnung. Niemand glaubt uns, dass die Wohnung so aussieht. Niemand hat uns all die Jahre geglaubt, dass es uns längst entglitten war Ordnung zu schaffen.

Wir sind aus dieser Wohnung geflüchtet und draußen war es eine bessere Welt. Ein Zeichen für unser Leben bislang.

Die Flucht vor jenem Ort, der Ruhe und Entspannung bringen soll. Der Ort der Sicherheit und Geborgenheit ausstrahlen sollte. Wir sind sicher bereits 45 Jahre vor dem geflüchtet, was andere „Zuhause“ nennen und damit ein Wohlgefühl verbinden. Die ersten zehn Jahren konnten wir noch nicht fliehen.

Auch diese Wohnung, aus der wir nun wegziehen, war bloß eine Wohnung die uns permanent triggerte, wie wir nun wissen. Es war die Umgebung, die an die Kindheit erinnerte, der wir uns 20 Jahre erfolgreich stellten. Es hat uns verändert hier zu leben. Wir ziehen als andere Frau aus, als jene die hier einzog. Es scheint als wäre es ein anderes Leben.

In der neuen Wohnung fühlen wir uns wohl, hätten am Liebsten alles hinter uns gelassen und neu begonnen. Aber unser Leben kommt mit. Es kommt auch mit in Form von Zetteln der Erinnerung, Notizen der Verzweiflung und Angst, Reflexionen über den eigenen Platz bzw. das eigene Leben in dieser Gesellschaft. Daran wollen wir noch wachsen und diese Botschaften nicht einfach entsorgen.

Dennoch werfen wir auch viel weg. Die Archive werden großteils weggeworfen. Es muss sein und ist gut so. Ob das Nachwirkungen hat, werden wir sehen, aber wir denken eher nicht.

Wir hoffen fertig zu werden bis zum großen Tag der Übersiedlung. Es sind nur noch 6 Tage.

Wir packen weiter …..

Überfordert: seit Jahren ungeöffnete Post gefunden

Wir versuchen das Chaos zu sichten, wegzuwerfen, was immer möglich ist.

Was wir finden tut weh. Seit Jahren ungeöffnete Post. Überforderung seit vielen Jahren, finden wir in den Stapel Papier.

Seit Jahren sprechen wir es in Therapie an und bekommen keine Hilfe. Es treibt uns vor uns her. Dabei ist diese Situation ein Abbild unserer Jugend.

Auch damals die Überforderung mit viel zu viel Chaos und wir sollten es in Ordnung bringen, was die anderen ansammeln, real und psychisch, und wir können es nicht. Wie spielen dieses Chaos nach, es sind tägliche Trigger. Und wir arbeiten hart daran zumindest den psychischen Müll zu sichten. Geht das, ohne unser Wohnumfeld anzusehen?

Wir sind zu perfekt, wollen zu viel, wird uns gesagt. Wirklich? Ist Ruhe innen zu viel? Und es braucht eine gewisse Ordnung um zur Ruhe kommen zu können, oder? Das kreative Chaos hat irgendwo ein Ende. Wir sprechen nicht von einer klinischen Umgebung, denn davon sind wir Lichtjahre entfernt. Aber vielleicht stimmt die Perfektion auch und andere Leute stapeln ihr Chaos in einem Keller, oder auf Dachböden, die wir nicht zur Verfügung haben? Nicht umsonst gibt es Lagerräume zum Anmieten, seit mittlerweile einigen Jahren. Wir alle besitzen viel zu viel. Der Besitz überfordert, selbst wenn der Besitz nur aussieht wie Müll. Es schadet dieser Gesellschaft nicht ärmer zu werden. Obwohl es dann die ohnedies jetzt bereits Armen zuerst treffen wird.

Dennoch belastet das Chaos uns persönlich. Am Liebsten würden wir in die leere Wohnung einziehen und alles hier in der alten Bleibe auf den Müll werfen.

Unruhe macht sich breit. Das geht auch nicht. Es gibt welche, die an Vielem hängen. Weshalb besitzen wir so viel, auch wenn es ungefragt zugesandtes Papier ist? Weshalb ist unser Leben so kompliziert? Ist es unnötig kompliziert in dieser Zeit?

Das Leben treibt uns vor sich her, wir müssen weiter. So wird es uns vermittelt. Wenn wir das nicht tun, was dann? Das Schreckgespenst Psychiatrie drängt uns weiter und macht, dass wir uns nur nichts anmerken lassen.

Manche innen haben Angst vor einer aufgeräumten Wohnung, aber weshalb? Als wir noch ganz klein waren, war die Wohnung unserer Kindheit aufgeräumt, glauben wir. Bis der Vater in seinen Tobsuchtsanfällen jede Ruhe ruinierte. Dinge nach uns und allen in der Familie warf und völlig ausrastete. Aber wir erinnern nicht genau, was war, es macht uns große Angst.

Ist das Chaos, das viele von uns belastet und beschämt für andere innen beruhigend?

Vielleicht ist es ein passendes Zeichen, dass wir uns vor zwei Tagen durch ein Stück Plastik am Fußboden, mitten in unserem aktuellen Chaos mit dem Packen, die Fußsohle tief verletzt haben und stark geblutet haben? Denn im Grunde fühlen wir uns wund gelaufen.

Schau dir „Dissoziative Identitätsstörung: Jessie lebt mit 7 Persönlichkeiten I TRU DOKU“ auf YouTube an

Wir mögen gerne hier eine Dokumentation über eine weitere Frau mit einer DIS teilen, in der wir uns absolut wiederfinden.

Auch die Situation wie sie damit umgeht und es möglich ist, es als Außenstehende:r zu ignorieren ist erschreckend und unser Alltag.

Dadurch wird natürlich die massive Belastung nur erzählt und nicht vorgeführt, was wir schätzen. Denn weshalb müssen DIS Betroffene ihre innersten Verletzungen nach außen kehren, noch dazu vor einer Kamera, was für sich schon ein enormer Trigger sein kann, damit ihnen geglaubt wird, wenn es doch von niemandem in dieser Gesellschaft sonst erwartet wird? Wo bleibt bei Frauen, die (sexuelle) Gewalt erfahren haben die Empathie?

Allerdings ist es auch fein, offen über einiges sprechen zu dürfen, wenn es passt, denn über die erlittene Gewalt nicht sprechen zu können bzw. dürfen ist retraumatisierend. Das ist der Zwiespalt beim Umgang mit dem Brechen von dem Tabu selbst (sexualisierte) Gewalt ab dem frühesten Kindesalter erlitten zu haben, dem Zwiespalt beim Versuch das Tabu um DIS zu brechen und zugleich unbeschadet aus diesem Vorgang hervorzugehen.

Hier ist der Link zur Dokumentation:

Schau dir „Dissoziative Identitätsstörung: Jessie lebt mit 7 Persönlichkeiten I TRU DOKU“ auf YouTube an weiterlesen

Leben mit DIS #42: Ausmisten und Existenzgefährdung

Jetzt wird es ernst und der Umzug steht nahezu bevor. In einem Monat erhalten wir die Schlüssel des neuen Zuhause. In diesem Zusammenhang die Bleibe von unnötigem Ballast der zwei Jahrzehnte in der aktuellen Wohnung zu befreien ist notwendig und auch wohltuend. Dennoch tut sich hier eine nicht zu unterschätzende Hürde auf.

Die Realität, sich selbst immer wieder zu verlieren bringt es mit sich, sich selbst zu misstrauen. So scheint es besonders wichtig Gegenstände aufzuheben, die vielleicht über Erinnerungsstücke bei anderen Menschen hinaus gehen? Wobei auch diese These im Grunde nicht überprüft ist. Welche und wie viele Erinnerungsstücke benötigen Uno’s um ihre Vergangenheit rekapitulieren zu können?

Über Hinweise dazu in den Kommentaren freuen wir uns.


Die Frequenz unserer Beiträge wird wohl gut bis Ende Oktober recht unregelmäßig bleiben. Wir bitten euch weiterhin um Verständnis und danke für eure Geduld. 🌼🍀🌸💖🍀😊

Leben mit DIS #41: „Die Therapie muss zu Ende gehen“

„Die Therapie muss langsam zu Ende gehen!“,  meinte der uns wirklich seit Jahren freundlich gesonnene Gutachter der Gesundheitskasse. In Anbetracht der Namensänderung von Wiener Gebietskrankenkasse auf Österreichische Gesundheitskasse scheint uns die Aussage fast zynisch. Eine Wahrnehmung, derer auch wir uns erst im Nachhinein klar wurden.

Tatsache ist, dass die Menschen unser Leid nicht sehen. Unsere Therapeutin nicht, die uns ein Schreiben mitgegeben hat, das viel zu optimistisch war und der Gutachter auch nicht. Tja, und paradoxerweise schämen wir uns viel zu sehr zu sagen, wie es uns wirklich geht. Also wird die Therapie halt zu Ende gehen und wir werden alleine zurück bleiben, ohne Hilfe.

Viele innen meinen, das haben wir eh verdient. Wir sind es nicht wert Hilfe zu bekommen.

Wie schön wäre das, wenn es einfach gut wäre, wie die erste Reaktion von den Innenwesen, die im außen agieren, war. „Ja, er hat ja Recht, es geht uns bereits viel besser, als z.B. vor 10 Jahren und ja, wir machen schon seit 30 Jahren Therapie.“ Das alles stimmt ja. Geht’s uns aber deshalb so gut, dass wir keine Therapie mehr bräuchten????

Wenn es so wäre, weshalb überlegen wir dann heute, ob wir hoffentlich bald sterben, damit wir tot sind, bevor die Therapie von der GESUNDHEITSKasse nicht mehr bezahlt wird? Weil es eine Illusion wäre, uns Therapie selbst bezahlen zu können.

Das wird das letzte Jahr, in dem Therapie einmal wöchentlich bezahlt wird. Also ein Zuschuss von €28,42 pro Stunde wird freilich nur von der Kasse übernommen, den Rest haben wir erkämpft, dass wir an anderer Stelle als Verbrechens Opfer zusätzlich Geld erhalten. Es geht also um den lächerlichen Betrag von ca. € 1.400,- im Jahr. Ein einziger Tag auf der Psychiatrie würde dem Staat mehr kosten, wenn wir mangels professioneller Hilfe zusammen brechen. Sobald die Kasse aber nicht mehr bezahlt, fällt auch die Unterstützung für Therapie als Verbrechens Opfer weg. Also entscheidet die Gesundheitskasse, ob wir Therapie bezahlt bekommen oder eben nicht, auch wenn sie nur einen vergleichsweise geringen Betrag bezahlen.

Ja, wir wissen, dass wir tatsächlich auf hohem Niveau jammern, denn von so langer Unterstützung können sehr viele Leute mit DIS nur träumen. Aber es ist trotzdem noch nicht gut. Es ist einfach nicht so gut, dass wir es alleine schaffen.

Er meinte, dass wir ja dann in dem Wohnprojekt wohnen.

Wie lustig! Er sollte doch den Unterschied kennen zwischen Therapie und Bekannten und Freundschaften. Was wo besprochen werden kann und was eben im Alltag IMMER, IMMER, IMMER ausgespart werden muss, weil die Leute nicht damit umgehen können, weil es eben auch nicht in ein Alltags Gespräch gehört, was Flashbacks wirklich bedeuten und was wir tatsächlich erlebt haben, wie tief unser Schmerz ist. All das findet sich in unseren Gesprächen nicht wieder, also höchstens in kurzen Anklängen, die der Realität nicht im Entferntesten gerecht werden. Nur immer wieder kurze Erinnerungen, dass die Leute vielleicht ein ganz kleines bisschen nur auf unsere Bedürfnisse eingehen. Bitte nur ganz, ganz wenig. Mehr erwarten wir uns ohnedies nicht. Und selbst das ist niemals selbstverständlich, sondern ein großes Glück.

Aber der Gutachter versteht Nichts diesmal. Er fragt im Plauderton ob wir Kinder haben. Wir antworten „Nein!“. Innen schreien welche auf und beginnen zu weinen, weil wir von unserem toten Kind nicht sprechen, es verleugnen, wie uns selbst.

Leben mit DIS #41: „Die Therapie muss zu Ende gehen“ weiterlesen

Leben mit DIS #40: Selbstaufgabe erkennen tut fast unerträglich weh!

Wenn um zu Überleben nur bleibt sich selbst aufzugeben und in ganz viele Teile aufzusplittern, dann ist es ein Glück, wenn zumindest ein Teil die Erinnerung trägt, wer das ICH eigentlich einmal hatte werden sollen oder wollen.

Wenn dann durch ganz viel Hilfe und noch viel mehr Glück, sich dieses ICH, das weiß, dass sich eine selbst aufgeben musste, Gehör verschaffen kann, dann tut es weh, so außerordentlich weh, dass es scheint es ist nicht zu ertragen.

All die verlorenen Chancen erkennen, sich all diese Gewohnheiten, der täglichen Selbstaufgabe wieder ab zu gewöhnen, das scheint eine viel zu große Herausforderung zu sein, nach 55 Jahren Lebenszeit.

Dann, wenn der Schmerz so überhand nimmt, dass ein Weiterleben angezweifelt wird, ist es wichtig wahrzunehmen, dass das Erkennen der Selbstaufgabe ein Prozess war und ist. Es ist ein Weg, den wir seit Jahrzehnten gehen und das Gerümpel vor der Türe des ICH langsam aber doch stetig immer mehr wegräum(t)en.

In diesem Moment ist es ein Glück zu erkennen, dass das Wegräumen vielleicht zu unserer Lebensaufgabe gehört. Vielleicht gehört ja auch das Zersplittern als Möglichkeit um zu überleben zu unserer Lebensaufgabe?

Jetzt, in diesem Augenblick des nahenden Sieges über einen fast übermächtigen Gegner, der massive Gewalt seit frühester Kindheit heißt, aufzugeben, wäre die wahre Selbstaufgabe. Es wäre ein letztes Aufbäumen der Gewohnheit, die uns stets einschränkte, weil es zuerst nötig war um den Körper und damit das Überleben zu schützen und wir dann nicht sahen, dass es nicht mehr erforderlich ist, sondern zum Gefängnis wurde.

Das Allerschlimmste ist schon lange vergangen. Was wir heute fühlen, in der Erinnerung, sind jene Schmerzen, die wir damals abtrennen mussten. Mit jeder Träne, mit jedem Schmerz der Erkenntnis befreien wir das ICH aus seinem Versteck und lassen es die Luft des heute atmen.

Es sind der Atem der Lebendigkeit und die Luft der Liebe zu sich selbst.

Auch das noch: Ein Nachruf auf Willi Resitarits

Der große österreichische Musiker, Menschenrechtsaktivist und Humanist

Willi Resitarits (1948 – 2022)

ist nicht mehr.

Allanich fia di

Er ist Medienberichten zufolge heute tödlich verunglückt.

Es ist eine Todesnachricht, die uns persönlich trifft und sehr traurig macht. Seine Musik hat uns seit unserer Kindheit begleitet.

Ein wesentlicher Kontakt mit ihm, im Rahmen einer Veranstaltung, war 1993 bei dem von ihm mit initiierten „Lichtermeer gegen Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz“. Das war eine beeindruckende Demonstration gegen das sog. Ausländervolksbegehren der damaligen FPÖ unter Jörg Haider und einer aufkommenden Stimmung gegen Ausländer:innen in der Gesellschaft mit ca. 300.000 Teilnehmer:innen in der Wiener Innenstadt. https://de.m.wikipedia.org/wiki/Lichtermeer

Darüberhinaus waren wir nur auf zwei weiteren seiner Konzerte. Einmal als er mit seinem Alter Ego Dr. Kurt Ostbahn auftrat ca. 1990 und dann viel später bei einem Auftritt mit seiner Band „Stubnblues“ auf einem Open Air im Wiener Prater.

Berührt hat uns sein unermüdlicher Einsatz gegen Rassismus, Xenophobie und für eine Demokratische Kultur, die immer auf die Schwächsten in der Gesellschaft schaut, tief in unserem Inneren. https://de.m.wikipedia.org/wiki/Willi_Resetarits

Ganz persönlich begegneten wir ihm in den 1990ern schon deshalb immer wieder, weil wir damals ums Eck wohnten und auch dieselben Lokale besuchten. Auch wenn wir ihn nie angesprochen haben, war er gefühlt immer um uns.

Im Jahr 2000 moderierte Willi Resetarits im Radiosender Ö1 die monatliche Sendung Ein Pferd kehrt heim, die später umbenannt wurde.

Im Rahmen dieser Sendung rief er einmal dazu auf ihm Beiträge über die Liebe zu senden, worauf wir damals auf eine Musikkassette 1 Minute lang das Wort „Liebe“ in unterschiedlicher Intonation aufnahmen und an die Sendung schickten. Das war bislang unser größter „moment of fame“ in unserem Leben, als er unsere Aufnahme mit Namensnennung in der Sendung abspielte. Wir waren so dankbar und stolz.

Es ist gar nicht leicht ein Lied aus seinem großen Œuvre zu wählen, darum wurden es zwei.

Waun de Musik vuabei is

Ruhe in Frieden lieber Willi Resitarits, du bleibst in unserer Erinnerung 🌈🙏 🕊️🍀😢🎶🍀👏 das ist unser Abschiedsapplaus.