Corona-Depression

Mit den aktuell stärker steigenden Corona-Fallzahlen in Wien gelangte eine neue Erkenntnis ins Bewusstsein.

Wir leben zwischen Atemnot-Todesangst und Berührungsmangel-Todesangst. Ersteres weil die Symptome der Erkrankung vor allem mit Atemnot einen massiven Trigger darstellen. Zu gut kennen wir starke Atemnot die wir mit Nahtoderfahrungen verbinden und fehlende Hilfe in mehreren Situationen unseres Lebens. Verwahrlosung und Desinteresse der Eltern an unserem Wohlergehen bei Gesundheit und Krankheit.

Der Berührungsmangel ist mittlerweile abgespalten, weil wir sonst das Leben nicht ertragen könnten.

Auch dies ein Trigger, verbrachten wir doch die meiste Zeit unserer sehr frühen Kindheit ohne Berührungen im Gitterbett eingesperrt. Und wenn dann eine Berührung kam, als Reaktion auf unser weinen und schreien, war sie mitunter mit Atemnot verbunden. Das Würgen des Vaters bis zur Bewusstlosigkeit. Wir hatten es nie vergessen, obwohl wir damals ein Baby waren. Es war als „Alptraum“  über Jahrzehnte abgespeichert bis wir den „Traum“ als Erinnerung erkannten. Dann tauchte er in unserem Schlaf nicht mehr auf.

Zuvor eine ganz geringe zufällige Berührung, als ich jemandem etwas überreichte. Mehr Ahnung als bewusste Berührung zuckten wir zusammen. Es war eine von uns sehr gemochte Person die unsere Haut streifte. Und wir erkannten, wie sehr uns Umarmungen fehlen. Oder zumindest ein Händedruck. Es ist ca. vier Wochen her, dass wir einmalig umarmt wurden.

Traurig, genau sagen zu können wann und wo wir zuletzt umarmt wurden. Und es braucht nicht einmal die Finger einer Hand um die Anzahl für zwei Monate zu zeigen.

Es ist aktuell wie seelisch und körperlich verkümmern.

Wir möchten so gerne wieder einen positiven Beitrag hier schreiben, aber es gelingt irgendwie nicht. Verzeiht uns bitte.

17 Gedanken zu „Corona-Depression“

  1. Herrje, das ist ja wirklich schrecklich!
    Wir sind froh, dass in unserem Freundeskreis wenig Berührungsängste herrschen. Zwar vermeiden wir es, soweit möglich, aber eine tröstende Umarmung darf nach wie vor sein. Wäre die Therapeutin denn vielleicht dazu bereit zumindest die Hand mal etwas länger zu halten?

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    1. Sie wäre dazu bereit und hat es auch schon getan, aber wir haben es abgespalten gehabt und hätte nicht diese flüchtige Berührung, die ja gar nicht als Berührung gelten kann zu einem Tränenfluss geführt, hätten wir“vergessen“, dass uns Berührung fehlt. Und wenn wir es nicht sagen, dann kommt nichts und aktuell gibt’s in der Therapie auch keinen Händedruck. Also auch dort keine Berührung, wenn wir es nicht einfordern. …. Sorry soviel Freundeskreis gibt’s hier nicht.

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        1. Fraglich ob wir das dann spüren? Eigentlich bräuchten wir das immer, hatten auch gerade in Therapie daran gearbeitet mit Berührung umzugehen als Corona kam und alles umwarf. Ist halt so ein mieser Widerspruch. Manche Innenwesen wechseln die Straßenseite um Menschen am besten nicht näher als 2 m heranzulassen und andere Innenwesen verkümmern weil Berührung fehlt. ….. Es gibt Krieg innen darüber.

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          1. Könnt ihr euch selbst mit einer Hand die andere halten? Also keinesfalls möchte ich sagen, damit sollst du zufrieden sein. Ich kenne diese Sehnsucht nach Berührung auch sehr gut und wünsche dir von Herzen, dass du da mehr positive Erfahrungen machst und das Bedürfnis gestillt wird, ein so natürliches Bedürfnis wie ich finde. Und gleichzeitig, glaub ich, ist es dem Gehirn egal, wer und wie berührt wird. Uns hilft jedenfalls manchmal auch das eigene uns Halten. Das ist nichts gegen Einsamkeit, aber vielleicht positiv für diese Sehnsucht nach Berührung, wenn sie aktuell nicht durch andere Menschen gestillt werden kann.

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              1. Es soll nicht nach Ratschlägen klingen… Mir kommen aber noch zwei Gedanken, die ich hier lassen möchte. Das eine, aber da erinnere ich grad nicht, wie eure Erfahrungen mit „Kirche“ sind… In Gemeinden gibt es ja oft Seelsorger oder auch in Kliniken… Mit einer Seelsorgerin, ach nee schon mit zweien, habe ich selbst sehr gute Erfahrungen mit Berührung gemacht. Die kennen das Hand halten oft als selbstverständlich, weil sie Sterbende begleiten oder gemeinsam beten und sich dort berühren. Da ließe sich vielleicht ganz konkret fragen, ob Zeit für ein Gespräch und eine Berührung wäre. Und das zweite, wo ich öfter drüber nachdenke, aber selbst kenne Erfahrungen habe, ist Körpertherapie… Vielleicht wäre es möglich dir dort mal ne Stunde zu gönnen, falls es so jemanden in der Nähe gäbe… Ach nur so Gedanken… Kannst du auch verwerfen, wenn es nervt… Dann entschuldige

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                1. Dankeschön für die Gedanken. ….. Unsere Therapeutin ist Körpertherapeutin 😉, die Ambivalenz innen ist zu groß. Da muss mit den widersprechenden Innenwesen gearbeitet werden. Wenn einerseits die Berührung fehlt und andere Panik vor Berührung haben, kann nicht einfach berührt werden, weil das System dann durcheinander gerät. …. Ist kompliziert und soll nicht nach nur Ablehnung klingen, ist nur leider nicht möglich uns von jemandem Fremden einfach berühren zu lassen! Das gäbe ganz viel Chaos innen. …… Ist halt nicht „bloß“ Berührungsmangel sondern Traumaarbeit und Flashbacks ….. Und es nervt nicht. Ist nur leider eben nicht so leicht. ….. Danke dennoch. 😊💚

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  2. Mhm, wir berühren einander nach wie vor, auch unter Freunden- sind gesund und munter. Sonst wäre ich seelisch längst eingegangen. Die Angst die uns täglich audiotriert wird, lassen weder ich noch mein Mann zu. GSD sieht es unser Freundeskreis genau so. Als ich letzte Woche als Österreicherin wegen einer Reklamtion nach Bayern MUSSTE, spürte ich diese drückende Angst überall …Alle benahmen sich wie maskierte Zinnsoldaten und nicht wenige genießen die so gewonnene Macht über andere. Unfassbar, was hier läuft.

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    1. Freut mich für dich, dass du damit so umgehen kannst. Allerdings leben wir immer ein einsames Leben und die einzigen Berührungen sind mitunter der Händedruck der Therapeutin einmal wöchentlich. Und es geht hier um Trigger bzw. Traumaerinnerungen, die durch die Situation hervorkommen und die fehlende Berührung noch klarer machen. Aber es geht uns auch um den Widerspruch, dass wir uns verstecken wollen und die Berührung fehlt. Das haben wir im Beitrag wohl nicht so ausführlich erklärt. ……Unser Leben ist immer im seelischen Ausnahmezustand. Corona oder nicht. Aktuell ist es halt nochmals anstrengender. Und ja, die Lage in Wien macht uns Angst, weil wir dort leben und Öffis nutzen müssen. Z.B. …… Wir wissen Covid-19 und Maßnahmen ist ein sehr emotionales Thema mittlerweile.

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    1. 6 Monate ist ja unerträglich. Das tut uns enorm leid für euch. …… Wir hatten durch diesen zufälligen Hautkontakt erst gemerkt, wie sehr wir Berührung aktuell vermissen und wie stark es unser Empfinden beeinträchtigt. Es ist wahrscheinlich bitter. Unsereins muss ohnedies immer mit wenig Berührungen auskommen. Wenn die auch noch wegfallen, sind die Folgen schlimm. Vor allem, weil da der Widerspruch ist, verstecken um sich zu schützen und auf Leute zugehen wollen für Umarmungen.

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