Geteilt: Traurig aber so richtig

Geteilt: Systemleichen – wenn Gesellschaftsstrukturen töten

Bei uns ist Einiges los, halbe Beiträge finden kein Ende oder die Worte fehlen komplett. Bis wir sie wiederfinden, gilt unser Dank der lieben Sofie und ihren vielen Welten, deren wichtigen Beitrag wir hier teilen. Sie sprechen uns aus dem Herzen. Vielen herzlichen Dank und das Allerbeste für alle von komplexer PTBS Betroffenen. Mögt ihr alle Hilfe bekommen, die euch zusteht. Und das ist alles, das ihr benötigt, um deutliche Erleichterungen in eurem Alltag zu erfahren. 🍀💖💪🍀

Die Kaffeemaschine rattert. Mein Blick starrt in den leeren Kühlschrank. „Was wollte ich noch gleich?“ Über die Wangen laufen Tränen. Der Tod nimmt mich mit. Meine Gedanken schweifen zu den gewaltbetroffenen Menschen in meinem Umfeld, die sterben mussten, weil es keine Hilfe gab oder sie zu spät kam. Wut schießt mir zwischen die Trauer in […]

Systemleichen – wenn Gesellschaftsstrukturen töten

Hauptsache authentisch

Die Situation mit der weiteren Gewährung der Therapie beschert uns täglich mindestens einmal Suizid Gedanken. Wir wurden zur Kontrolle zu einer Scharfmacherin vorgeladen, die bereits vor fünf Jahren nicht mit uns sprach, sondern uns verurteilte und so fertig machte, dass wir mehrere Stunden orientierungslos auf der Straße herum irrten. Damals gab es auch eine Beschwerde über sie von uns und unserer Therapeutin. Jetzt schicken sie uns wieder hin. Was bedeutet, die Gesundheitskasse will keinesfalls weiter zahlen und auch nicht ernsthaft darüber sprechen. Sie wollen uns keine Chance geben, uns zu erklären. Wir haben Panik vor dem Termin. Zu dieser Frau können wir nicht gehen, unmöglich. Das bedeutet, dass wir als schuldig gelten, wenn wir keine Therapie bezahlt bekommen und keine Chance haben, sie gerichtlich einzufordern.

Heute beim Aufwachen wieder Suizid Gedanken. Wir machten Atemübungen und dachten, wir lachen sie weg. Es muss weiter gehen. Diese Taktik kennen wir vom Umgang mit unseren Mitmenschen. Wenn wir zeigen, wie es uns geht können UNOs nicht damit umgehen, also lügen wir und spielen, dass alles nicht so schlimm wäre. Eine Farce, aber die einzige Möglichkeit mit UNOs Kontakt zu haben für uns.

S. ließ sich wieder nicht täuschen. Wenn wir dieselbe Verfassung an den Tag legen, wie im Umgang mit unseren Mitmenschen, beginnt unsere Hündin zu zittern und fürchtet sich vor uns. Als würde sie sagen: „Lüg mich nicht an, das macht mir Angst!“ Auf diese Art konfrontiert sie uns knallhart mit den Gefühlen, die wir gerade mit Mühe weggeschoben hatten.

Fazit: Wir gingen mit ihr Gassi und weinten im Gehen. Irgendwann trockneten die Tränen und es war nicht gut, aber leichter. S. hat uns durch die Gefühle begleitet. Währenddessen ging sie die meiste Zeit vorbildlich neben uns, wich kaum von unserer Seite. Ist das Liebe? Zumindest große emotionale Stärke und Empathie.

Weshalb haben Menschen soviel Angst vor unseren Gefühlen? Traurig irgendwie, sehr traurig. Vielleicht haben sie Angst vor ihren eigenen Gefühlen?

Leben mit DIS #53: Leben ohne Therapie, aber wie?

SPACETIME von ©Michaela Konrad war im Rahmen der Parallel 2019 in Wien ausgestellt. Gerne lösche ich das Bild sofort, wenn es von der/dem Künstler:in gewünscht wird. Bitte anschreiben. Es passt halt so gut zu unserer Situation und begleitet uns, seit wir es gesehen haben.

Die größte Angst ohne Therapie zu sein ist, dass es dann niemanden, überhaupt niemanden in unserem Leben gibt, mit dem wir wirklich über uns sprechen können.

Die allermeisten Menschen können nicht mit der Gewalt umgehen, die wir erlitten haben. Und jene wenigen, die wir kennen, die uns verstehen, tun es, weil sie ähnliche Erfahrungen gemacht haben und daher auch im Alltag machen. Die Herausforderungen ähneln sich.

Diese Freundinnen sind eine große Stütze, obwohl wir nie zu offen über uns sprechen. Wir können und wollen ihnen nicht zu viel von unserem Leid zumuten. Zudem ist der Kontakt schon aufgrund der jeweils eigenen Probleme sehr unregelmäßig und leider selten.

Das Leben wird aber nicht mehr lebbar, wenn uns Trigger und Flashbacks überschwemmen, oder auch Retraumatisierungen passieren und wir keinen Ort haben, diese einzuordnen und in Erfahrung und Wachstum zu transformieren.

Bei einer Ablehnung der Therapie sehen wir keine andere Möglichkeit, als unser Recht auf Krankenbehandlung einzuklagen. Das macht uns sehr große Angst bis Panik, mitunter. Denn nach den vielen Jahren Kampf um Therapie und um unser Leben sind wir müde und leider mittlerweile auch resigniert. Wie es derzeit aussieht versucht die „Gesundheitskasse“ (wir finden den Namen gerade zu euphemistisch, wenn nicht sogar zynisch) jegliche Möglichkeit, dass wir weiter Therapie erhalten mit allen Mitteln zu unterbinden.

Der Spiegel an der Leine

Es geht uns doch endlich wieder gut, oder?

Der extreme Stress der letzten Monate mit der Auflösung der Wohnung unserer Mutter, die sie in einem Zustand der Verwahrlosung zurück ließ, ist nahezu vorbei.

Am 24.12. treffen wir uns mit lieben Nachbarn zum Essen. Einfach so, ohne viel Klimbim. Das werden doch einmal gute Weihnachten.

Unsere Hündin S. weiß es besser. Wir sind nicht authentisch. Wir spalten ab und wollen die Situation nicht sehen. Zu Weihnachten wurden wir verkauft. Es ist die schrecklichste Zeit des Jahres. Der Erzeuger war über alle Maßen aggressiv. Das haben wir abgespalten, wollten es nicht erinnern. Die Innenwesen, die noch immer zittern nicht wahrnehmen. Zudem haben wir große Angst vor der Auseinandersetzung mit der Gesundheitskasse um die Weitergewährung unserer Therapie, die unmittelbar bevorsteht. Auch daran wollen wir lieber gar nicht denken, es nicht fühlen. S. Reaktion ist, dass sie Angst vor uns hat. Sie zittert vor uns. Das ist für uns nicht zu ertragen, es macht uns auch aggressiv und wütend.

Das ist eine von uns oft angeprangerte Reaktion wenn wir andere Menschen spiegeln. Jetzt erkennen wir, es tut einfach enorm weh, auf etwas hingewiesen zu werden, mit dem Frau/Mann sich aktuell nicht beschäftigen will. Etwas mit dem die Beschäftigung schwer fällt, weil es so schmerzhaft ist. Allerdings sind wir dankbar, dass S. es dennoch tut. Denn wir haben abgespalten, weil zu Weihnachten niemand wissen will, wenn es jemandem schlecht geht. Wir sind zum Essen eingeladen, aber wir werden eher keine Unterstützung bekommen, wenn Erinnerungen kommen. Wir wagen sie auch nicht einzufordern. Wir wollen das Essen nicht mit unseren Geschichten sprengen. Wer weiß, ob das klug ist?

S. weiß nichts von Weihnachten. Es ist ihr einfach egal. Ihr ist wichtig, dass es ihr gut geht. Und ihr geht’s gut, wenn wir authentisch sind und für sie daher berechenbar. Als die Tränen kamen, wir wütend und verzweifelt waren, war es für sie in Ordnung und sie setzte sich zu uns. Jetzt war es für sie stimmig und sie begleitete uns durch die Emotionen. Lässt aber auch nicht zu, wenn wir uns zu sehr leid tun wollen. Sie ist Expertin für Emotionen.

Diese Hündin ist an der richtigen Stelle bei uns. Sie ist uns charakterlich immer wieder so ähnlich. Aber vielleicht spiegelt sie nur unseren Charakter? Sie könnte jedoch auch anders auf unsere Unausgeglichenheit reagieren als mit Angst. Angst ist auch unsere Reaktion auf emotionale Schieflagen. Wir kennen derlei so gut. Wir haben aber auch bereits gelernt, Menschen zu konfrontieren, wenn es uns wichtig ist und wir die Schieflage intellektuell einordnen können. Das kann S. vermutlich nicht. Sie fühlt nur, dass das dargestellte Gefühl nicht der Wahrheit entspricht. Ihre Art darüber zu sprechen, dass etwas nicht stimmt ist eine andere. Es ist über ihren Körper. Sie geht in den Widerstand und beginnt zu zittern.

Sie ist auch zu klein, um mit uns kämpfen zu wollen. Auch hat sie nur noch 4 Zähne. Denn auch Chihuahuas können ordentlich beißen. S. kann es nicht mehr. Das weiß sie. Wir sind ihr körperlich überlegen. Das würden wir nie gegen sie ausnutzen. Hoffentlich weiß sie das mittlerweile auch?

Da hat sie schon anderes erlebt. Sie wurde geschlagen. „Es war doch nur ein Klaps.“ (Immer wieder) Das ist für jedes Lebewesen zu viel. Es erschüttert das Vertrauen und hinterlässt Narben auf der Seele. Zudem haben wir erfahren, dass sie drei Jahre von ihrem letzten verstorbenen Besitzer ignoriert wurde. Sie lag unter dem Bett und wartete. Er ging nie mit ihr zum Tierarzt. Ihre Zahnschmerzen waren egal. Sie durfte sich nichts anmerken lassen.

Vernachlässigung ist immer eine Parallele mit unserem Leben. Wir kennen uns aus mit Trauma bei Menschen. Mit einem traumatisierten Hund zusammen leben, wo wir einander vermutlich triggern, ist eine neue Aufgabe. Verständnis füreinander und auch die Bereitschaft zu lernen haben wir jedoch. Langsam wachsen die Zuneigung und das Vertrauen auf beiden Seiten.

Wer sind wir, wenn der Überlebenskampf zu einem Ende kommt?

Kommt er das?

Kann das sein? Existieren wir in unserer neuen Umgebung?

Jein. Niemand versteht von DIS und es ist auch kein Interesse daran. Wir dürfen dabei sein, aber es ist irgendwie oberflächlich. Es geht nicht um die Menschen. Wir wissen wenig über die Nachbarn, die uns am nächsten stehen. Wer sind sie wirklich? Was haben sie erlebt? Was hat sie geprägt?

Wir wissen nur wenig darüber. Wir unternehmen nette Dinge mit ihnen, die wir als Zeitvertreib bezeichnen können und als soziales Miteinander. Aber meist oberflächlich.

Die Zeit für zu viel Oberflächlichkeit haben wir aber nicht. Wir wollen sie nicht haben.

So stellen wir uns unser Leben nicht vor. Es heißt uns wieder auf uns zu fokussieren. Was ist unser Weg, jetzt wo wir zumindest bzgl. Wohnung angekommen sind?

Wie sieht unser Platz in diesem Wohnhaus aus? Was ist unser Weg außerhalb? Wie verfolgen wir unsere Ziele?

Das ist gar nicht so einfach. Der Straßenlärm im außen, der uns in der alten Wohnung täglich in höchsten Stress versetzte ist Vergangenheit. Es ist das erste Mal, dass wir nicht nur mit Problemlösung beschäftigt sind und wir merken, dass uns diese Nähe zu uns selbst, die sich dadurch unerwartet ergibt, belastet.

Weshalb unerwartet? Wir konnten uns bislang nicht vorstellen, dass es eine solche Situation geben könnte und wussten nichts über ein solches Gefühl.

Es belastet uns, uns zu fühlen, statt im außen Probleme zu beklagen und zu lösen versuchen. Es scheint, als hätten wir auch davor Kontakt zu unserem Inneren gehabt. Ja vielleicht, dennoch hat das Problem mit Wohnung uns zuverlässig von uns selbst abgelenkt.

Nun sind wir uns einen Schritt näher gekommen und es hält uns nichts mehr davon ab, an unserem Buch zu arbeiten, als wir selbst. Es erfordert mehr Mut, zu uns zu stehen, uns zu erkennen, als wir jemals dachten.

Vermutlich auch eine Erinnerung an die frühe Kindheit, wo genau das mit allen Mitteln massiv unterbunden wurde, ja verboten war. Jetzt heißt es, diesen Schmerz anzunehmen und zu überwinden.

Möglicherweise ist dies die lohnendste und schwierigste Aufgabe unseres Lebens, der wir uns ENDLICH gegenüber sehen. Sie wird uns wohl länger begleiten, vielleicht ist sie Teil des Lebens?

Wir dürfen und sollen, oder gar müssen gut behandelt werden!

Ein lieber Nachbar hat uns geholfen, unsere Wohnung für die Montage der Küche frei zu räumen. Danach haben wir noch etwas getrunken und er ist so vorsichtig und einfühlsam. Er spürt, dass es uns nicht gut geht, wir aber dennoch Ansprache brauchen und schenkt uns Zeit und Aufmerksamkeit. Wir dürfen sein, wie wir sind und vielleicht wurden wir in Ruhe gelassen, weil wir die Ruhe gebraucht hatten?

Wir verstehen so wenig vom Zusammenleben mit Menschen, von respektvollem und liebevollem Umgang mit uns und dass wir es verdienen genau so behandelt zu werden. Dass uns das ebenso zusteht, wie anderen auch.

Wir haben enorm viel zu lernen hier in dieser neuen Wohnung mit einigen lieben Nachbarn in recht ruhiger Lage. Wir haben für diese Wohnung gespart, gekämpft, sehr viel Ausdauer haben müssen, ganz oft gezweifelt und mit uns gerungen, doch es scheint sich zu lohnen. Es gibt Zeiten, da macht uns diese große Veränderung in unserem Leben ziemlich viel Angst und wir glauben nicht daran, dass das möglich oder gar erlaubt ist für uns. Aber das ist es.

Heute haben wir eine Ahnung davon, dass das Leben gut werden kann für uns. Wir wollen weiter daran arbeiten.

Wenn Scham und das Gefühl alles falsch zu machen das Leben bestimmt.

Da haben wir zum ersten Mal in unserem Leben genug Geld gespart. Und zwar sehr gespart und leisten uns damit schöne Möbel, die für den Rest unseres Lebens halten sollen.

Und ja, wir haben in den vergangenen Jahrzehnten gelernt, wenig für unseren Alltag auszugeben. Ein Restaurant Besuch ist Luxus, den wir uns bewusst nur selten leisten. Es ist uns auch nicht wichtig, unser Geld dafür zu verwenden.

Wir teilen unser Geld genau ein. Unsere Ausgaben decken sich selten mit den Ausgaben des „durchschnittlichen“ Haushalts. Wenn wir mit uns sind, sind wir damit im Reinen. Gegenüber anderen schämen wir uns dafür die Entscheidungen unseres Lebens vielleicht außergewöhnlich zu treffen. Wir schämen uns weil wir glauben anders zu sein, weil wir nicht erfassen können, was von uns erwartet wird, dass wir gemocht werden.

Wir sind gewohnt, dass wir anders sein müssen, als wir sind, um dazu zu gehören. Wenn wir jetzt so sein sollen, wie wir sind, dann erschüttert es unseren Kosmos. Dürfen wir das glauben? Ist es tatsächlich so? Kann nicht ein kleiner Fehltritt, wie z.B. für unsere Verhältnisse teure Möbel zu kaufen, obwohl wir doch immer sagen wir müssen sparen bewirken, dass wir abgelehnt werden? Wird uns dann Lüge unterstellt oder anderes?

Oder die Unmöglichkeit ein nettes Gespräch zu führen, wenn wir gerade die Möbelmontage organisieren. Es gibt keinen Zeitdruck und ein lieber Nachbar hilft uns. Es ist unmöglich mit ihm einige Worte nett zu wechseln, weil ein anderes Innenwesen zuständig ist. Wenn dieses Innenwesen jedoch heraus kommt und übernimmt, ist der Tag erledigt und wir kommen mit der Arbeit nicht weiter. Das Innenwesen wird nicht so schnell wieder verschwunden sein und kümmert sich nicht um „Banalitäten“ wie notwendige organisatorische Aufgaben. Zudem ist Smalltalk einfach anstrengend.

Was denken unsere lieben Nachbarn über uns? Können sie mit uns etwas anfangen? Wir glauben eher nicht. Aktuell geht es uns umgekehrt zumindest öfter so. Gespräche sind nicht locker, sondern gezwungen. Hoffentlich wird es besser, sobald die Küche montiert ist und wir zur Ruhe kommen können.

Die Badezimmer Möbel sind bereits montiert und wir freuen uns sehr. Vielleicht sollte unser Wohlbefinden in unserer Wohnung tatsächlich wichtiger sein, als anderen zu gefallen versuchen?

Wenn nur ….

Wenn wir nur nicht so oft das Gefühl hätten uns verteidigen zu müssen, dann wäre unser Leben leichter und wir vielleicht auch eine angenehmere Zeitgenossin.

Aber wie oft schlucken wir unangenehme Situationen hinunter, um gemocht zu werden. Hilft es?

Wenn wir nicht dieses Leben hätten, das wir nun einmal haben, dann würden wir vielleicht nicht glauben uns verteidigen zu müssen und perfekt sein zu müssen.

Wenn wir nicht all das erlebt hätten, was wir erlebt haben,

wenn unser Leben nicht so von einem Defizit geprägt wäre, gemessen an gesellschaftlichen Standards, dann würden wir mehr verstanden werden und dazu gehören ….. wozu überhaupt?

Wenn wir Unos verstehen könnten und sie uns, wäre es ein komplett anderes Leben. Aber vielleicht ist es dieses Leben außerhalb der gesellschaftlichen Normen, das unser Leben ausmacht und das wir trotz aller Belastungen auch schätzen?

Wenn unser Leben nicht so wäre, wie es nun einmal ist, wären wir dann noch wir? Oder wären wir gerne anders?

Wir mögen uns, wie wir sind nur die Einsamkeit des Unverständnis tut zu oft weh. Sowohl unser Unverständnis für Unos, wie auch deren Unverständnis für uns schmerzen.

Der Blick von außen ist erhellend und ernüchternd zugleich. Aber es ist unser Leben. Zweifel sind erlaubt, aber oft sinnlos.

„Das Leben ist schön.“ …. Ist es das?

Gestern legte uns unsere Therapeutin diesen Satz in den Mund. Sie versuchte es zumindest und seither rotiert er in unserem Kopf. Er ist eine Lüge, zumindest für uns. Das Leben hat endlich schöne Momente und mit Glück und viel Arbeit werden es mehr, aber es ist nicht schön und wir haben keine Ahnung, wie man das denken kann.

Für eine solche Aussage fehlt es an so enorm viel Gerechtigkeit in dieser Welt. Lebensziel kann sein, das Leben schöner zu machen.

Gut, wir versuchen diese Aussage zu verstehen und formulieren das Zitat um: „Mein Leben ist schön.“  Darf es das denn und was würde es bedeuten?

Schreibpause …..

Stunden, Tränen, Kopfschmerzen und Selbstverletzung später taucht aus den Tiefen der Erinnerung der Beginn der gestrigen Therapiestunde auf, wo wir erzählten, wie schwierig es für uns ist, uns über die bestellten Möbel zu freuen, weil wir als Kind z.B. keine neuen Möbel in unserem Zimmer bekommen haben. Wir hatten unsere Schulbücher in einem alten, kaputten Kühlschrank, als Schreibtisch einen alten, hässlichen Schreibtisch und unser Bett fiel alle paar Monate auseinander, was wir nicht zu beklagen wagten. Unser Bruder hingegen hatte neue Möbel bekommen. Dann erzählten wir, wie uns unsere Mutter unser Erspartes gestohlen hatte, und wir haben fast alles gespart gehabt. Plötzlich war das Sparbuch leer. Alles abgehoben, ohne uns zu fragen. 20.000,- Schilling weg. Das war 1982 ganz schön viel Geld. Es ist immer diese Wertlosigkeit, die uns vermittelt wurde, und die steckt tief in uns. Folge noch immer im Heute ist die stete Verwunderung, wenn jemand nett zu uns ist. Oder die enorme Anstrengung, diese Wohnung einzurichten, weil wir es uns selbst nicht leicht erlauben können. Nein, nicht nur schlimme Erfahrungen im Alltag triggern, auch gute Erfahrungen tun zu oft sehr, sehr weh.

Wir erzählten davon und es kamen die Tränen und die Therapeutin fragte, wo denn die Wut sei. Wir fühlten sie nicht, immer nur Erschütterung. Allerdings war damals Wut da und wir meinten, dass die Wut vielleicht weniger wurde, weil wir den Kontakt abgebrochen haben und wir wissen, dass das den Eltern nicht egal war. Und heute ist die Mutter eine alte, hilflose Frau.

Warum erzählen wir hier diese Details, weil wir nicht verstehen, wie es dann zum Schluss der Stunde zur Aussage: „Das Leben ist schön!“ kommen kann? Wie kann das suggeriert werden, wenn ca. 1h davor so viel Schmerz da war, den wir doch „nur“ abgespalten hatten, weil wir ein wichtiges Therapieprogramm hatten. Das hat viel Kraft gekostet, wurde halt nicht registriert und dadurch nicht wertgeschätzt.

Und wieder einen Tag verloren. Das ist nicht schön. Tun wir uns nur leid? Wann gehen die Schmerzen weg? Dann vielleicht wäre das Leben schön! Bis dahin stemmen wir uns gegen diese inneren Abwertungen und Schmerzen und tun alles, dass das einmal gelingen möge.