Geteilt: Systemleichen – wenn Gesellschaftsstrukturen töten

Bei uns ist Einiges los, halbe Beiträge finden kein Ende oder die Worte fehlen komplett. Bis wir sie wiederfinden, gilt unser Dank der lieben Sofie und ihren vielen Welten, deren wichtigen Beitrag wir hier teilen. Sie sprechen uns aus dem Herzen. Vielen herzlichen Dank und das Allerbeste für alle von komplexer PTBS Betroffenen. Mögt ihr alle Hilfe bekommen, die euch zusteht. Und das ist alles, das ihr benötigt, um deutliche Erleichterungen in eurem Alltag zu erfahren. 🍀💖💪🍀

Die Kaffeemaschine rattert. Mein Blick starrt in den leeren Kühlschrank. „Was wollte ich noch gleich?“ Über die Wangen laufen Tränen. Der Tod nimmt mich mit. Meine Gedanken schweifen zu den gewaltbetroffenen Menschen in meinem Umfeld, die sterben mussten, weil es keine Hilfe gab oder sie zu spät kam. Wut schießt mir zwischen die Trauer in […]

Systemleichen – wenn Gesellschaftsstrukturen töten

Leben mit DIS #53: Leben ohne Therapie, aber wie?

SPACETIME von ©Michaela Konrad war im Rahmen der Parallel 2019 in Wien ausgestellt. Gerne lösche ich das Bild sofort, wenn es von der/dem Künstler:in gewünscht wird. Bitte anschreiben. Es passt halt so gut zu unserer Situation und begleitet uns, seit wir es gesehen haben.

Die größte Angst ohne Therapie zu sein ist, dass es dann niemanden, überhaupt niemanden in unserem Leben gibt, mit dem wir wirklich über uns sprechen können.

Die allermeisten Menschen können nicht mit der Gewalt umgehen, die wir erlitten haben. Und jene wenigen, die wir kennen, die uns verstehen, tun es, weil sie ähnliche Erfahrungen gemacht haben und daher auch im Alltag machen. Die Herausforderungen ähneln sich.

Diese Freundinnen sind eine große Stütze, obwohl wir nie zu offen über uns sprechen. Wir können und wollen ihnen nicht zu viel von unserem Leid zumuten. Zudem ist der Kontakt schon aufgrund der jeweils eigenen Probleme sehr unregelmäßig und leider selten.

Das Leben wird aber nicht mehr lebbar, wenn uns Trigger und Flashbacks überschwemmen, oder auch Retraumatisierungen passieren und wir keinen Ort haben, diese einzuordnen und in Erfahrung und Wachstum zu transformieren.

Bei einer Ablehnung der Therapie sehen wir keine andere Möglichkeit, als unser Recht auf Krankenbehandlung einzuklagen. Das macht uns sehr große Angst bis Panik, mitunter. Denn nach den vielen Jahren Kampf um Therapie und um unser Leben sind wir müde und leider mittlerweile auch resigniert. Wie es derzeit aussieht versucht die „Gesundheitskasse“ (wir finden den Namen gerade zu euphemistisch, wenn nicht sogar zynisch) jegliche Möglichkeit, dass wir weiter Therapie erhalten mit allen Mitteln zu unterbinden.

Wer sind wir, wenn der Überlebenskampf zu einem Ende kommt?

Kommt er das?

Kann das sein? Existieren wir in unserer neuen Umgebung?

Jein. Niemand versteht von DIS und es ist auch kein Interesse daran. Wir dürfen dabei sein, aber es ist irgendwie oberflächlich. Es geht nicht um die Menschen. Wir wissen wenig über die Nachbarn, die uns am nächsten stehen. Wer sind sie wirklich? Was haben sie erlebt? Was hat sie geprägt?

Wir wissen nur wenig darüber. Wir unternehmen nette Dinge mit ihnen, die wir als Zeitvertreib bezeichnen können und als soziales Miteinander. Aber meist oberflächlich.

Die Zeit für zu viel Oberflächlichkeit haben wir aber nicht. Wir wollen sie nicht haben.

So stellen wir uns unser Leben nicht vor. Es heißt uns wieder auf uns zu fokussieren. Was ist unser Weg, jetzt wo wir zumindest bzgl. Wohnung angekommen sind?

Wie sieht unser Platz in diesem Wohnhaus aus? Was ist unser Weg außerhalb? Wie verfolgen wir unsere Ziele?

Das ist gar nicht so einfach. Der Straßenlärm im außen, der uns in der alten Wohnung täglich in höchsten Stress versetzte ist Vergangenheit. Es ist das erste Mal, dass wir nicht nur mit Problemlösung beschäftigt sind und wir merken, dass uns diese Nähe zu uns selbst, die sich dadurch unerwartet ergibt, belastet.

Weshalb unerwartet? Wir konnten uns bislang nicht vorstellen, dass es eine solche Situation geben könnte und wussten nichts über ein solches Gefühl.

Es belastet uns, uns zu fühlen, statt im außen Probleme zu beklagen und zu lösen versuchen. Es scheint, als hätten wir auch davor Kontakt zu unserem Inneren gehabt. Ja vielleicht, dennoch hat das Problem mit Wohnung uns zuverlässig von uns selbst abgelenkt.

Nun sind wir uns einen Schritt näher gekommen und es hält uns nichts mehr davon ab, an unserem Buch zu arbeiten, als wir selbst. Es erfordert mehr Mut, zu uns zu stehen, uns zu erkennen, als wir jemals dachten.

Vermutlich auch eine Erinnerung an die frühe Kindheit, wo genau das mit allen Mitteln massiv unterbunden wurde, ja verboten war. Jetzt heißt es, diesen Schmerz anzunehmen und zu überwinden.

Möglicherweise ist dies die lohnendste und schwierigste Aufgabe unseres Lebens, der wir uns ENDLICH gegenüber sehen. Sie wird uns wohl länger begleiten, vielleicht ist sie Teil des Lebens?

Leben mit DIS #49: „Warum“ – kein Platz für Zweifel

We die to each other daily. What we know of other people is only our memory of the moments during which we knew them. And they have changed since then.

T.S. Eliot

Quelle: App „we croak“ – in Bhutan they say contemplating death five times daily brings happiness.

„Warum“ ist das Wort, das wir uns nicht stellen dürfen in Zusammenhang mit Unrecht. Das haben wir entschieden als die ersten Vergewaltigungserinnerungen ins Gedächtnis kamen und diese Frage dürfen wir uns auch jetzt nicht stellen.

Was ist geschehen?

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Wir dürfen und sollen, oder gar müssen gut behandelt werden!

Ein lieber Nachbar hat uns geholfen, unsere Wohnung für die Montage der Küche frei zu räumen. Danach haben wir noch etwas getrunken und er ist so vorsichtig und einfühlsam. Er spürt, dass es uns nicht gut geht, wir aber dennoch Ansprache brauchen und schenkt uns Zeit und Aufmerksamkeit. Wir dürfen sein, wie wir sind und vielleicht wurden wir in Ruhe gelassen, weil wir die Ruhe gebraucht hatten?

Wir verstehen so wenig vom Zusammenleben mit Menschen, von respektvollem und liebevollem Umgang mit uns und dass wir es verdienen genau so behandelt zu werden. Dass uns das ebenso zusteht, wie anderen auch.

Wir haben enorm viel zu lernen hier in dieser neuen Wohnung mit einigen lieben Nachbarn in recht ruhiger Lage. Wir haben für diese Wohnung gespart, gekämpft, sehr viel Ausdauer haben müssen, ganz oft gezweifelt und mit uns gerungen, doch es scheint sich zu lohnen. Es gibt Zeiten, da macht uns diese große Veränderung in unserem Leben ziemlich viel Angst und wir glauben nicht daran, dass das möglich oder gar erlaubt ist für uns. Aber das ist es.

Heute haben wir eine Ahnung davon, dass das Leben gut werden kann für uns. Wir wollen weiter daran arbeiten.

Geteilt, scheinbar off topic: Der Volksgansler

Nachdem es kaum möglich ist, in einer zunehmend von Hass und gewalttätigen Gedanken geprägten Gesellschaft von erlittener Gewalt in der Kindheit zu genesen, teilen wir sehr gerne diesen Beitrag zu einer politischen Figur, von der wir tatsächlich dachten, sie wäre so abstoßend, dass sich die Bevölkerung abwenden wird. Stattdessen feiert die FPÖ unerträgliche Wahlerfolge unter deren Partei Obmann Kickl.

Es wird also innenpolitisch. Wir danken alfredwassermair für das Zusammentragen und formulieren, dieser wichtigen Fakten. https://alfredwassermair.wordpress.com/

In Oberösterreich gibt es den Dialektbegriff aufgansln. Substantiv: Aufgansler. Das bedeutet so viel wie jemanden anstacheln, aufhetzten oder in Erregung versetzen.  Wer die Berichte vom FPÖ-Bierzelt am Urfahraner Markt gesehen hat, weiß schon, worauf ich hinaus will. Dort wird ordentlich aufgansld oder landestypischer: afgansld.                                                                                                                                      Da spricht Herbert Kickl, der Volkskanzler in spe. Er selber […]

Der Volksgansler

Unseren Weg finden und gehen

Mittlerweile sollten wir uns schon gut genug kennen um zu wissen, dass wir es nicht schaffen ein „normales Leben“ neben unserer  Arbeit, unsere Traumata aufzulösen und unsere spirituelle Entwicklung zu fördern, hinbekommen.

Wir sollten wissen, dass unser Hauptaugenmerk auf Schreiben und Selbstreflexion liegen muss, um uns aus zu balancieren. Und wir sollten wissen, dass Treffen mit anderen uns immer stark triggern, vor allem wenn Männer dabei sind und wir zum Selbstschutz so tun, als wäre alles in Ordnung mit uns.

Dann können wir nicht klar denken und sind zu sehr mit Camouflage beschäftigt. Wir finden keine Worte und sind nicht bei uns und dann gehen wir traurig und deprimiert aus dem Treffen.

Ja, wir haben jetzt liebe Leute um uns, und dennoch nützt es uns nicht. Unsere Schutzmechanismen vor anderen Menschen hindern uns auch an liebevollen Begegnungen. Zudem fühlen wir uns nicht zugehörig. Das Leben, das sie führen ist uns zu fremd und wir mögen uns diesen Interessen auch nicht anpassen. Aus unterschiedlichen Gründen, die noch nicht reif sind hier zu besprechen. Unser Weg nimmt gerade eine Wendung, scheinbar.

So sind wir wieder einmal sehr alleine trotz Gesellschaft. Vielleicht aber sind es auch nur Hinweise uns nicht zu verlieren. Unsere Themen sind Gewaltreflexion, Gewaltaufklärung und Gewaltprävention. Queer ist auch ein Aspekt unseres Lebens, aber ein untergeordneter Aspekt. Wir dürfen nicht zu viel Zeit dafür investieren.

Es wird vermutlich keine Beziehung mehr in unserem Leben geben und wir beginnen uns wieder einmal zu verzetteln, weil uns so viele Bereiche des Lebens allgemein interessieren.  Leider können wir sie nicht alle leben. Dafür fehlt uns Lebenszeit.

Leben mit DIS #47: Vergleich mit Leuten ohne Trauma

Das Schwierigste an unserem aktuellen Leben sind Vergleiche. Vergleiche innerhalb, die immer zu unseren Lasten ausfallen, weil diese unsere Fähigkeiten und außergewöhnlichen Belastungen ausklammern.

So vergleichen wir das Leben derer um uns herum, die alle bereits weitgehend eingerichtet sind, mit unserem Wohnungschaos und sind deprimiert. Mehr noch Innenwesen machen uns herunter, dass wir unfähig wären, weil wir das noch nicht geschafft haben, weil wir doch viel zu wenig tun.

Dabei irren solche Vergleiche immer und so auch in unserem Fall. Die ausführliche Hilfe, die unsere Nachbar:innen von ihren Familien bekommen fallen bei uns weg. Auch hatten wir 2 Monate mit Baumängeln zu kämpfen und haben diese bis auf eine Kleinigkeit erledigt, was in Nachbarwohnungen nicht der Fall war und ist.

Und last but not least, ignorieren wir unsere Gewaltfolgen, die andere nicht betreffen, oder zumindest nicht in diesem Ausmaß. Natürlich haben andere auch ihre Geschichte mit guten und schlechten Aspekten. Tatsächlich hat uns eine liebe Nachbarin von einer sehr schlimmen Erfahrung in einer Beziehung erzählt, die sie zum vollständigen Zusammenbruch führte. Und dennoch ist sie sich bewusst, dass das kein Trauma war, im Sinne von nachhaltig und mit allen Folgen, wie Flashbacks, schwere physische Belastungen, wie massive Schlafstörungen, Verdauungsstörungen, und auch nicht in dem Ausmaß mit den psychischen Folgen einer PTBS, wie Trigger, oben genannte Flashbacks, depressive Symptome, Selbstverletzungstendenzen, Suchttendenzen, Suizid Gedanken etc.

Die anderen wissen es, aber in unserem Selbstverständnis, sehen wir andere immer als ebenfalls schwer traumatisiert, weil wir keine Vorstellung haben von einem anderen Leben, das leichter wäre. Wir beobachten es, sind verwundert, was Menschen alles schaffen können an einem Tag und sehen nicht, dass sie mit einer leichten bis mittelschweren Handtasche, vielleicht auch mit einem Reisekoffer als Gepäck durchs Leben gehen und verleugnen unseren Rucksack voll Steine am Rücken und die zusätzlichen Taschen in den Armen, die wir tragen.

Vielleicht ignorieren wir aktuell unsere Geschichte, weil sie rundherum ignoriert wird? Gegenüber all den Handwerkern mit denen wir seit Monaten zu tun haben ohnedies, weil wir in diesen Kontakten funktionieren müssen, was uns außerordentlich fordert bzw. überfordert. Unsere Nachbar:innen finden, dass wir hier so viel strukturierter sind als sie und sie von uns lernen können. Warum sind Situationen, die wir sehr gut meistern für uns selbstverständlich und wo wir uns schwer tun Grund zur Selbstgeißelung?

Auch von den netten Nachbar:innen, werden unsere Traumata nicht thematisiert. Tut das weh und verletzt, oder ist es heilsam, keinen Sonderstatus zu haben und dauernd um unser Wohlbefinden gefragt zu werden? Wir wissen es nicht. Möglicherweise beides zugleich? Vielleicht akzeptieren uns diejenigen, die uns näher stehen mehr in unserem Wesen und mit unseren Belastungen, als wir es selbst tun? Und weil wir okay sind, wie wir sind und was wir tun, braucht es auch nicht tägliche Erklärungen dazu. So wichtig sind wir nicht, weil alle auch mit ihrem eigenen Leben beschäftigt sind. Das tut wieder weh, dass wir niemandem wirklich wichtig sind. Man mag uns, aber wichtig sind wir nicht. Oder sind wir wichtiger, als wir denken? Zumindest sind wir eingebunden in eine mittelgroße Gruppe und stehen nicht ganz außerhalb. Das ist für uns sehr viel.

Dass wir einander wichtig werden, braucht es auch Zeit, einander besser kennen zu lernen und Vertrauen aufzubauen. Von allen Seiten.

Leben mit DIS #46: Einsamkeit unter Menschen

Ist ein Gefühl, das sich durch unser Leben zieht  Tatsache ist, dass andere einfach nicht wahrnehmen, was uns ausmacht und wer wir sind. Niemand sieht, welche Bedürfnisse wir als DIS Frau und überhaupt haben und wie sehr uns andere Menschen überfordern, wie sehr uns das Leben überfordert.

Wir haben uns in einer oberflächlichen Freude verloren und unsere Innenwesen ignoriert. Fazit: unser Körper funktioniert nicht. Es muss uns doch hier jetzt gut gehen in der neuen Wohnung. Nein, das MUSS es nicht. Die Hülle (Wohnung) ist noch lange nicht fertig. Die Hilfe, die wir bekommen ist viel zu wenig. Andere haben Familienmitglieder, die 14 Tage und länger mithelfen die Wohnung einzurichten. Das haben wir nicht. Wir sind fast zur Gänze auf uns gestellt.

Dadurch ist keine Zeit für uns da. Keine Zeit für die Innenkinder, zu wenig Zeit für Sport, Yoga, Meditation. Wir hören anderen zu, aber wer hört uns zu? Nicht einmal wir selbst. Erleben wir eine Wiederholung unserer Kindheit, auch weil wir sie reproduzieren? Nein, denn wir werden geachtet und gemocht und wir entscheiden über unsere Grenzen.

Vielleicht kommen wir auch erst langsam in der neuen Umgebung an? Es ist kein Urlaub, von uns selbst und alles ist jetzt vorübergehend anders. Das ist jetzt unser Lebensmittelpunkt und es ist unsere Aufgabe eine Balance zu finden zwischen innen und außen, zwischen mit anderen sein und Rückzug und unser Leben verfolgen.

Und eigentlich ist das eine lohnende Aufgabe, allerdings ist sie tatsächlich so unvorstellbar schwer, wie wir vermutet hatten.

Leben mit DIS #45: Zu Hause

©Pexels/ Nandhu Kumar

Seit einem Monat wohnen wir in der neuen Wohnung. Wohnen wir schon? Noch ist vollkommenes Chaos. Noch stehen überall Kartons herum und Möbel sind nicht aufgebaut.

Und doch fühlen wir uns wohl hier. Es ist aber alles neu, als wären wir in einer neuen Stadt, dabei ist es nur von einem Stadtrand zur ganz anderen Seite, fast  1 ½ Stunden brauchten wir mit öffentlichen Verkehrsmitteln zwischen diesen beiden Wohnungen. Das ist jetzt nicht mehr notwendig. Wir leben in einem Stadtteil, in dem wir noch nie gelebt haben. Hier triggert die Umgebung kaum, das ist neu. Fast irritiert es uns. Nicht nur fast, es irritiert uns, so als würde eine Selbstverständlichkeit in unserem Leben plötzlich weg sein. Nein, das fehlt nicht, dennoch fehlt die Sicherheit, dass es so bleibt. Wer weiß? Freude ist darüber vorhanden, aber verhaltene Freude..

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